Archäobotanik – Pflanzenreste als Spiegel der Umwelt

18.08.2017

Wissenswertes aus dem Forscherlabor im LWL-Museum in Herne

In der Erde erhalten sich größere Reste von Pflanzen wie Samen, Früchte oder Holz, wenn sie verkohlt sind oder feucht lagern. Unter dem Mikroskop lässt sich die Pflanzenart bestimmen. In feuchten Ablagerungen von Mooren und Bachtälern bleibt auch der Blütenstaub von Pflanzen erhalten. Pollenkörner sind allerdings so klein, dass man sie mit bloßem Auge nicht erkennen kann. Archäobotaniker müssen die in den Bodenproben enthaltenen Winzlinge im Labor mit chemischen Lösungen aussondern. Unter dem Mikroskop erkennen sie die Pollenkörner an ihren typischen Formen und zählen sie. So finden die Fachleute heraus, welche Pflanzen an dem Fundplatz und seiner Umgebung zu einer bestimmten Zeit wuchsen. Daraus ziehen sie Rückschlüsse auf das Klima. Sie erkennen auch, welche Pflanzen der Mensch angebaut hat und welche wild wuchsen.

  • Die Bodenprobe wird für die Untersuchung vorbereitet.

  • Die Mitarbeiterin zählt die verschiedenen Pollenkörner in der Probe

  • Sie notiert, wie viele Pollenkörner sie von jeder Art gefunden hat.

  • Die Wissenschaftlerin wertet das Ergebnis mit Hilfe des Computers aus und erstellt ein Pollendiagramm.

  • Der Archäobotaniker schlämmt die Bodenprobe...

  • ... und sondert unter dem Mikroskop die Pflanzenreste aus.

  • So viele Getreidekörner hat er gefunden.

  • Er bestimmt die Getreideart und wertet sein Ergebnis am Computer aus.

Moore – Archive der Pflanzenwelt

In Nordeuropa bildeten sich nach der letzten Eiszeit die heutigen Moore. In den feuchten und sauerstoffarmen Torfschichten lagerte sich Jahr für Jahr der mit dem Wind transportierte Blütenstaub ab. Der Archäobotaniker wertet die Pollenkörner aus und erhält so Informationen über die Entwicklung der Pflanzenwelt und damit auch des Klimas. Seine Ergebnisse stellt er in Pollendiagrammen dar.

Latrinen – Konservierter Speiseplan

Für Archäologen sind Latrinen wahre Fundgruben. In den feuchten und sauerstoffarmen Bedingungen konnten sich Fäkalien und andere Abfälle bis in die heutige Zeit erhalten. Die Pflanzenreste darin berichten von den Ernährungsgewohnheiten und dem Lebensstandart der Menschen. Obstkerne aus einer Latrine in Münster lassen auf den Verzehr von Sauerkirschen, Schlehen und Pflaumen schließen. Die Spelze von Reiskörnern sind die bisher ältesten aus Westfalen und belegen den Import von Kulturreis. Mit Feigen aus dem Mittelmeergebiet und Rosinen konnte man Speisen süßen, bevor es Zuckerrüben gab. Walnüsse wurden entweder in Kuchen, in Süßspeisen oder frisch verzehrt.

Der Wald geht, wenn der Mensch kommt

Die heutige Landschaft und Vegetation ist nicht natürlich, sondern vom Menschen gestaltet. Die ersten Bauern begannen im 6. Jahrtausend v. Chr. den dichten Laubwald zu roden. Sie errichteten auf der Lichtung Häuser und bauten Getreide an. Auf diesen Freiflächen breiteten sich Licht liebende Pflanzen wie Kräuter und Gräser aus. Durch intensive Acker- und Weidewirtschaft wandelten die Menschen die Naturlandschaft im Laufe der Jahrtausende allmählich in eine Kulturlandschaft um. Bis zum 18. Jahrhundert hatten sie große Teile des Waldes und der ausgedehnte Moore Nordwestdeutschlands vernichtet. Damals konnte man kilometerweit gehen, ohne einen stattlichen Baum anzutreffen. Das Fehlen von Holz wirkte sich in allen Wirtschaftszweigen immer nachteiliger aus. Deshalb begann man im 18. Jahrhundert, die Wälder mit schnell wachsenden Nadelhölzern aufzuforsten.

Fundplatz Erin – Ein besonderer Ort

Archäobotaniker untersuchten Bodenproben von einem Fundplatz auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Erin in Castrop-Rauxel. Das Ergebnis: Die Proben enthielten kaum Pflanzenreste. Um eine Siedlung konnte es sich bei diesem Platz nicht handeln, denn dort findet man normalerweise viele verkohlte Früchte und Samen. Funde von Münzen, Orakelstäbchen und Tierskeletten belegten, dass der Platz ein Handels- und Kultplatz war. Die Archäobotaniker konnten die Interpretation der Archäologen unterstützen.

Fundplatz Borgentreich- Grossender – Unglücksbrand bringt Glückfund

In der Grube einer Siedlung lagen zwölf Kilogramm verkohltes Getreide. Archäobotaniker zählten circa 950.000 Körner der alten Weizenarten Einkorn und Emmer. Alle Körner waren entspelzt und für den Verzehr vorbereitet. Ein Brand hatten den wertvollen Vorrat dann aber zerstört.