Warum sollte mich die Jungsteinzeit interessieren?

12.08.2016

Die Fassadengestaltung am Lippischen Landesmuseum (c) Annette Fischer, Schlangen

Bedürfnisse wecken für einen Besuch der Landesausstellung NRW

Mar|ke|ting – "Ausrichtung eines Unternehmens auf die Förderung des Absatzes"… So beginnt duden.de den Eintrag zum Wort „Marketing“, das, wen wundert’s, aus dem Englischen stammt. Ein Museum ist im Grunde auch ein Unternehmen. Nur, dass hier mit „Absatz“ in erster Linie die Generierung von Besuchern gemeint ist. Ihnen Erkenntnis und Wissen zu vermitteln, sollte immer im Vordergrund stehen, während natürlich jeder Besucher u. a. mit seinen Eintrittsgeldern ein Stück weit zur Refinanzierung des Museums beiträgt. Das Lippische Landesmuseum Detmold steht in diesem Jahr vor der Herausforderung, die in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommene Epoche der „Jungsteinzeit“ als Schwerpunktthema der Archäologischen Landesausstellung NRW nach außen hin vermarkten „zu müssen“. Doch wie können die Menschen für das Thema und die Ausstellung begeistert werden, bevor sie das Museum überhaupt betreten haben? Stonehenge und den Ötzi kennt inzwischen wohl jeder, aber wer verbindet beides (richtigerweise!) mit der Jungsteinzeit? Es gab in Stonehenge einfach zu viele „Neodruiden“ die den Platz fälschlicherweise als keltisches Heiligtum verstanden haben…

Die Ausstellung erleben (Foto: Jörg-Uwe Kurth)

Zurück nach Detmold: Sicher, die Jungsteinzeit ist die Periode mit dem größten Umbruch in der Menschheitsgeschichte, der Wechsel im Lebenskonzept von der Jägerin und Sammlerin (um nicht immer nur von dem „Jäger“ und „Sammler“ zu sprechen) hin zur sesshaften Lebensweise mit Ackerbau und Viehzucht. Doch muss das den Bürger überhaupt interessieren? Immerhin hat die Jungsteinzeit die Grundlagen für unser heutiges Leben gelegt und die Herausforderungen der Zukunft lassen sich zu einem Großteil auf den Beginn der Jungsteinzeit vor 10.000 Jahren zurückführen. Klingt wie Angeberei… Aber wer in die Ausstellung geht, merkt irgendwann: „Das ist spannend! Warum wusste ich das nicht? Und ja, ich begreife unser Hier und Jetzt viel besser!“ So das Ergebnis verschiedener Besucherbefragungen…

Die Ausstellung wird in Detmold als „Große Familienausstellung“ beworben. Es gibt viele Mitmachstationen, Objekte zum Anfassen, einen familientauglichen Audioguide und ein Rätselheft für Kinder. Das kommt gut an! Warum dann aber ein Totenkopf auf dem Plakat? Makaber!

Tatsächlich wurde über das Ausstellungsplakat viel diskutiert. Um ehrlich zu sein, genau das hatte man sich auch erhofft… Erst wenn ein Plakat Reize fürs Hinschauen und für eine Auseinandersetzung bietet, hat der Betrachter die erste Hürde genommen, damit er sich (im Idealfall) dem Thema nähert. Blicken wir den Tatsachen doch mal ins Gesicht: Originalfundstücke der Jungsteinzeit sind in der Regel alles andere als selbsterklärend, beeindruckend und toll. Erst die Geschichten hinter den Funden und dann die Bedeutung für die heutige Gesellschaft machen die Objekte greifbar, schaffen Anknüpfungspunkte und können den Besucher berühren. Es wurde versucht, diese Geschichten in der Ausstellung spannend zu erzählen und auf den Punkt zu bringen.

Alt und Neu kommen in der Ausstellung zusammen (c) Annette Fischer, Schlangen

Apropos auf den Punkt bringen… Wie lässt sich beim potentiellen Besucher das Bedürfnis wecken, sich aufzumachen und die Ausstellung zu besichtigen? Fangen wir mit einem Beispiel an, das sicherlich nicht „normal“ ist, aber vielleicht gerade deshalb von den Medien und der Öffentlichkeit besonders wahrgenommen wird: Am 26. August werden sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Lippischen Landesmuseums, gekleidet in jungsteinzeitlichem Outfit, eine Gruppe Schafe durch die Detmolder Innenstadt führen, um auf das Familien-Steinzeitwochenende am 27./28. August aufmerksam zu machen. Dies frei nach dem Motto: „Die ersten Bauern erreichen das Landesmuseum.“ Die ganze Aktion ist sicherlich zunächst nur ein populäres Event, aber wenn damit Neugier geweckt werden kann, findet die Vermittlung von Inhalten anschließend im Museum statt.

Die Ötzi-Walker unterwegs im Auftrag der Landesausstellung (Foto: Lukas Heinen)

Zurzeit stellen drei Detmolder Buchläden Puppen mit der Original-Kleidung der drei „Ötzi-Walker“ aus, um für den Vortrag von Marco Hocke am 22. September Werbung zu machen. Er war mit seiner Frau Veronika und seinem Kumpel Lukas Heinen mit jungsteinzeitlicher Ausrüstung in zwei Wochen 350 km durch NRW gewandert. Die Gruppe hatte in dieser Zeit nur typische steinzeitliche Nahrung zu sich genommen. Ein Werbegag zur Landesausstellung mit enormem Medienecho in der überregionalen Presse und im Fernsehen. Sie kennen das Projekt nicht? Dann lesen Sie hier!

Und mal zur „klassischen“ Werbung: Mit dem Slogan „Zeit fürs Wesentliche“ wird im aktuellen Kinotrailer zur Ausstellung ein iPhone 4 zertrümmert, aber schauen Sie selbst!

Dieser Kinoclip lief auch in der Halbzeitpause der Deutschlandspiele beim Detmolder Public Viewing zur EM. Wenn Sie noch Ihr Ticket haben, erhalten Sie drei Euro Rabatt beim Ausstellungsbesuch!

Das Detmolder Pilsner mit dem Logo der Landesausstellung

Absichtlich erinnert unsere Radiowerbung, die 76-mal über die Sender geht, an eine Schokoladenwerbung der 90er Jahre. Ein Alm-Öhi nimmt das Allgemeinwissen der Hörer aufs Korn, aber prüfen Sie selbst!

Wenn Sie übrigens keine Lust und Zeit haben, die Ausstellung in Detmold zu besuchen, dann hören Sie sich doch den Audioguide zur Ausstellung an, den der bekannte Comedian und Wissenschaftsfan Bernhard Hoëcker mit konzipiert und dann natürlich eingesprochen hat. Wenn der Download online zur Verfügung gestellt wird, dann vor allem, um Sie beim Hören auf das Seherlebnis, also den Ausstellungsbesuch, neugierig zu machen :-) Dazu Bernhard Hoëcker.

Die Orignalkleidung der Ötzi-Walkerin Veronika auf dem Weg in die Detmolder Buchhandlung Kafka & Co (Foto: Simon Matzerath)

Sehr dankbar sind wird dem LWL-Freilichtmuseum in Detmold für die tolle Werbung für die Landesausstellung im Eingangsbereich und auch das Archäologische Freilichtmuseum Oerlinghausen steht uns auf der Eingangstreppe (und nicht nur dort!) überzeugend zur Seite.

Falls Sie zuletzt einen Kasten Bad Meinberger Mineralwasser gekauft haben, werden Sie unsere Werbung daran gefunden haben, immerhin hat Bad Meinberger 100.000 (!) Kästen Wasser für die Landesausstellung gekennzeichnet. Zufällig dieselbe Zahl, also 100.000 Flaschen Detmolder Pilsner, hat die Strate-Brauerei mit unserem Logo bedruckt.

Radio Lippe und die Lippische Landeszeitung unterstützen uns mit vielen kreativen Beiträgen und Ideen. Informieren Sie sich selbst über das ausgefallene Rahmenprogramm mit einzigartigen Podiumsdiskussionen, Familientagen, Vorträgen, Führungen und Workshops.

Dies als Einblick. Mehr demnächst bei Facebook.

Ansprechpartner für Marketing, Presse und Öffentlichkeitsarbeit im Lippischen Landesmuseum Detmold ist Mario Rakuša, der zusammen mit dem Verfasser alle hier vorgestellten Ideen entwickelt und organisiert hat.

Am Pflugsimulator: Blick in die Ausstellung (Foto: Jürgen Ihle)

Die Landesausstellung Nordrhein-Westfalen ist noch bis zum 26. Februar 2017 im Lippischen Landesmuseum Detmold zu sehen. Nächster Ausstellungsstandort ist das LWL-Museum für Archäologie, Westfälisches Landesmuseum Herne (3.6.2017 – 22.10.2017 ).

 

Simon Matzerath