Das Fragment einer Kirchenglocke in der Herner Dauerausstellung

17.03.2017

Das Exponat. (Foto: M. Ohst/Praktikantin beim LWL-Museum für Archäologie)

Jedem Praktikanten des LWL-Museums für Archäologie kommt im Laufe seiner Praktikumszeit die besondere Aufgabe zu, ein Exponat seines Interesses auszuwählen und darüber einen Blogpost zu verfassen. In meinem Fall sollte es sich um ein Exponat aus der Dauerausstellung handeln.

Das Exponat war schnell gefunden. Aufgrund meines Theologiestudiums entschied ich mich für eins, dass einen biblischen, christlichen Bezug hat. Meine Auswahl fiel auf das „Fragment einer Kirchenglocke“. Der Fundort dieses Objektes ist Vreden, Stiftskirche, Kreis Borken und datiert aus dem 9. Jahrhundert. Die Kirchenglocke weist im ursprünglichen Zustand einen Durchmesser von 25,5 cm und ein Gewicht von mindestens 25 kg auf. Seit dem 9. Jahrhundert wurden Kirchenglocken überwiegend aus Bronze hergestellt, so auch das ausgestellte Exponat.

Das Glockenfragment in seiner Vitrine im Kubus zum Thema Kirche und Religion. (Foto: M. Ohlst/Praktikantin beim LWL-Museum für Archäologie)

Es handelt sich bei einer Kirchenglocke – wie der Name vermuten lässt – um eine Glocke, die in einem Kirchturm aufgehängt ist. Der Begriff „Glocke“ leitet sich vom lateinischen Wort „campana“ ab und beschreibt einen hohlen, gewölbten Klangkörper. Der Klang wird entweder durch einen im Inneren der Glocke frei beweglich aufgehängten Klöppel oder von außen durch den Schlag mit einem Gegenstand erzeugt.

Eine Kirchenglocke besteht aus folgenden vier Elementen: dem Körper, der Krone, dem Joch und dem Klöppel. Die Krone beschreibt das angegossene oder angeschraubte Stück der Glocke, welches zur Befestigung an das Joch dient. Die Krone dient somit der Aufhängung der Glocke. Das Joch besteht aus Holz, Stahl oder Gusseisen. Dieses sorgt dafür, dass sich die Glocke bewegt. Der Klöppel ist in der Haubenmitte freischwingend im Inneren der Glocke befestigt. Die richtige Ausrichtung des Klöppels bestimmt die Qualität des Klanges der Glocke.

Die Kirchenglocke aus Vreden wird aufgrund ihrer Form als Bienenkorbglocke bezeichnet. Sie wurde im Wachsausschmelzverfahren gegossen. Dieses Verfahren wurde vor allem vom 9.-12. Jahrhundert praktiziert. Im ersten Schritt wurde die Glocke auf einem aus Lehm geformten Kern, der sich dreht, aus Wachs geformt. Hierbei handelte es sich zunächst um ein Modell der späteren Glocke. Im nächsten Schritt wurde die Glocke mit Lehm ummantelt und erhitzt, so dass sich der Lehm erhitzte, das Wachs schmolz und schlussendlich ein Hohlraum entstand. In den neu gebildeten Hohlraum wurde anschließend flüssige Bronze gegossen. Die Bienenkorbglocke besteht zu 78% aus Kupfer und zu 22% aus Zinn.

Das Lied von der Glocke“ von Friedrich Schiller aus dem Jahre 1799 beschreibt das Verfahren der Herstellung von Glocken seit dem 12. Jahrhundert.

Blick in den Themenkubus Kirche und Religion. (Foto: M. Ohst/Praktikantin beim LWL-Museum für Archäologie)

Bereits seit dem 6. Jahrhundert lässt sich der liturgische Einsatz der Glocken im Christentum und die Funktion, die Gläubigen zum Gottesdienst zu rufen, nachvollziehen. Die Glocke wurde zu einem Rufinstrument der Kirche. Verbreitet wurde sie durch die Klöster. Mönche wurden durch den Glockenklang zum Gebet und zum Gottesdienst zusammengerufen. Dieser Brauch hat sich durchgesetzt und wurde in der späteren Zeit von den Weltkirchen übernommen. Kirchenglocken läuteten zu verschiedenen Anlässen. Besonderes Geläut kündigte Fest- und Sonntage an, ferner den Tod eines Gemeindemitglieds oder die Stunde seiner Beerdigung. So führte die Kirche eine christlich geprägte Zeiteinteilung ein.

Kirchenglocken läuteten nicht nur aus sakralen Gründen, sondern auch aus Weltlichen. So warnten die Glocken außerdem vor Gefahren wie z.B. Feuer, Hochwasser und kriegerischen Überfällen. Aber nicht nur das, sie wurde auch als Musikinstrument eingesetzt. Auch heute noch ist das Glockenläuten nicht wegzudenken. Mehrmals täglich erklingt von den Kirchtürmen das Glockenläuten.

Auch im 21. Jahrhundert wird nach wie vor Glockengießerei praktiziert. So zum Beispiel in Gescher. Die Glocken- und Kunstguss- Manufaktur Petit & Gebr. Edelbrock besteht seit 1690. Im Westfälischen Glockenmuseum in Gescher kann der Besucher erfahren, wie noch heute Glocken mit den altbekannten Verfahren hergestellt werden. Auch die Firma Anton Gugg e.K. aus Straubing praktiziert seit 1550 verschiedene Arten der Glockengießerei.

Autorin: M. Ohst, Praktikantin