Allein unter Archäologen

13.05.2016

Liebevolle Skizze von Stefanie Aufderhaar

Ein Bericht aus der Verwaltung

Ihr kennt nicht den Unterschied zwischen einem Befund und einem Fund, habt eine uralte Urne schon einmal als Vase bezeichnet und denkt bei dem Begriff Fibel zuerst an ein Lesebuch für Kinder? Dann geht’s euch genauso wie mir! Wenn man als Verwaltungsmensch ständig von Archäologen umringt ist, muss man wirklich aufpassen, nicht in das ein oder andere Fettnäpfchen zu treten.

Andersherum rede ich auch des Öfteren von Dingen, bei denen mich jeder Archäologe etwas verwirrt anschaut. Jetzt fragt ihr euch vielleicht, was die Verwaltung eigentlich genau macht und wo sie überhaupt ist? Wer im Museum aufmerksam hingeschaut hat, wird vielleicht gemerkt haben, dass sie dort nicht ist. Da das Museum eine Einrichtung der LWL-Archäologie für Westfalen ist, haben meine fünf Kolleginnen und Kollegen und ich unsere Büros in der schönen Speicherstadt in Münster. Wir verwalten nicht nur das LWL-Museum für Archäologie, sondern auch das LWL-Römermuseum in Haltern am See, das Museum in der Kaiserpfalz in Paderborn und die gesamte Bodendenkmalpflege inklusive der Restaurierungswerkstatt und dem Magazin. Hier gibt es also eine ganze Menge zu tun!

Stefanie Aufderhaar an ihrem Schreibtisch im schönen Münster (Foto: Uwe Dutkiewitz)

Eine unserer Hauptaufgaben sind die Finanzen. Alle Einrichtungen schicken uns regelmäßig ihre Rechnungen zu, die wir in unserem Buchhaltungssystem erfassen und bezahlen. Pro Jahr kommen hier schnell über 30 dicke Aktenordner mit Rechnungen zusammen. Außerdem müssen wir stets einen Überblick über unsere Ausgaben und Einnahmen in allen Bereichen haben. Schließlich wollen viele Kollegen auch am Jahresende noch Dinge beschaffen oder Aufträge vergeben. 

Damit wir überhaupt ein Budget zur Verfügung haben, darf ich jedes Jahr zu Beginn für das Folgejahr den Haushalt aufstellen und mit der Kulturabteilung und der Finanzabteilung aushandeln, wie viel Geld wir für welches Projekt bekommen. In Zeiten knapper öffentlicher Kassen wird dies von Mal zu Mal schwieriger. Da kann es auch mal passieren, dass einem von heute auf morgen Geld gestrichen oder die Einnahmeerwartung erhöht wird…

Der Kosten- und Finanzierungsplan für eine geplante Sonderausstellung in Herne (Foto: Stefanie Aufderhaar)

Da überwiegend ich das LWL-Museum für Archäologie betreue, bin ich hier erste Ansprechpartnerin für alles, was im Museum selbst nicht geklärt werden kann. Angefangen bei der rechtlichen Beurteilung von Pachtverträgen und sonstigen Verträgen, der Einführung eines neuen Kassensystems, der finanziellen Planung von Sonderausstellungen, dem Stellen von Förderanträgen bei Stiftungen, der Führung der Handkasse, der Arbeitssicherheit, den personalrechtliche Fragen (Einstellung von neuem Personal, Urlaub, Überstunden etc.) bis hin zu den vielen Vergaben von Aufträgen. Alles wandert über meinen Tisch und wird entweder bearbeitet oder an den Kollegen weitergegeben, der den entsprechenden Arbeitsschwerpunkt hat.

Gesammelte Haushaltspläne der letzten Jahre (Foto: Stefanie Aufderhaar)

Ich denke nicht, dass ich hier irgendjemandem erklären muss, was Bürokratie in Deutschland für Ausmaße annehmen kann. Selbst einfache Sachen können manchmal ziemlich kompliziert werden. Wenn wir z.B. etwas über 500 € kaufen möchten, dürfen wir nicht einfach zur nächsten Firma nebenan fahren. Nein, zunächst müssen wir mehrere Angebote einholen und die Firma muss nachweisen, dass sie das Mindestlohngesetz und die ILO-Kernarbeitsnormen einhält. Die Sache mit dem Mindestlohn ist noch relativ neu. Als ich dies unseren Archäologen erklärt habe, dachten die ernsthaft, dass ich sie auf den Arm nehme. Leider nicht. (Okay, ich muss zugeben, dass ich auch ausflippen könnte, wenn eine Firma sich mit der Begründung weigert, das Formular auszufüllen, weil sie „grundsätzlich keine Formulare ausfülle“…) Ab 5.000 € muss zudem das Rechnungsprüfungsamt des LWL um Genehmigung gebeten werden und ab 10.000 € führt der Zentrale Einkauf des LWL das Vergabeverfahren durch. Je nach Umfang der Leistung kann sich hier das Verfahren auch mehrere Monate hinziehen.

Die LWL-Archäologie für Westfalen in der Speicherstadt Münster-Coerde (Foto: www.lwl-archaeologie.de)

Wenn man über solche Vorgaben mit Archäologen spricht, könnt ihr euch sicherlich vorstellen, dass hier zwei Welten aufeinander treffen: Praxis versus Bürokratie. Gerade bei der Vorbereitung von großen Sonderausstellungen, wenn sehr viel in sehr kurzer Zeit zu erledigen ist, wird es hier gerne mal kompliziert. Aber egal wie nervig die Vorgaben sein können, sie haben natürlich trotzdem ihre Daseinsberechtigung (Umgang mit Steuergeldern, Vermeidung von Korruption etc.).

Wie ihr seht, steckt hinter dem Museum und unserer kleinen Verwaltung noch ein viel, viel größerer Verwaltungsapparat (Kultur-, Personal-, Finanzabteilung, Zentraler Einkauf), der natürlich nicht nur für das Museum, sondern für alle Einrichtungen des LWL zuständig ist.

Um immer auf dem Laufenden zu sein, was im Museum so passiert, fahre ich einmal pro Woche hin und spreche mit allen Kollegen vor Ort, wo es Probleme gibt etc. Dann packe ich auch gerne einmal beim Ausstellungsaufbau mit an, wenn ich dafür Zeit habe!

Insgesamt wird es einem im Museum auch als Verwaltungsmensch nicht langweilig. Stück für Stück lernt man dabei die Welt der Archäologen kennen, sodass ich hoffe, dass das Fachvokabular auch für mich bald verständlich sein wird.

 

Stefanie Aufderhaar