Ein reich verzierter Schmuck: Die Filigrangoldscheibenfibel aus Soest

02.03.2020

Abb. 1. Die goldene Scheibenfibel aus Soest (c) LWL-Museum für Archäologie Herne (Foto: Cornelia Moors)

Mein Lieblingsexponat aus der Dauerausstellung des LWL-Museums für Archäologie Herne ist eine goldene Scheibenfibel. Ich finde, dass sie ein ganz besonderes Ausstellungsstück ist: Sie glänzt nach vielen Jahren immer noch wundervoll golden und die Edelsteine, die in die Fibel eingearbeitet worden sind, sehen immer noch so aus, als wenn sie gerade erst eingesetzt wurden. Sie besteht zudem zu einem großen Teil aus echtem Gold, eine weitere Besonderheit.
 

Beschreibung:

Diese Scheibenfibel wurde in Grab 165 des Gräberfelds vom Lübecker Ring, in Soest, gefunden. Sie ist 3,65 cm breit und 3,75 cm hoch. Nach ihrer Entdeckung im Jahr 1930 ist die Fibel durch verschiedene Museen gewandert. Nun ist die Fibel seit der Eröffnung im Jahre 2003 in der Dauerausstellung des LWL-Museums für Archäologie Herne zu sehen.   

Für vornehme Personen diente die Fibel nicht nur als Gewandspange, also um Kleidung zusammenzuhalten, sondern auch als Schmuck. Knöpfe wurden erst später, nämlich im 13. Jahrhundert n. Chr., erfunden, womit Fibeln als die Vorfahren der Knöpfe gelten.

Da diese Scheibenfibel reich mit Gold und Edelsteinen verziert ist, kann davon ausgegangen werden, dass der/die Träger*in eine reiche Person gewesen sein musste.

Es gibt viele verschiedene Formen von Fibeln. Je nach Form spricht man von Bogen-, Kahn-, Pauken-, Vogelkopf-, Zwiebelkopf-, Armbrust-, Masken-, Fußzier-, Scheiben- oder auch  Schlangenfibel. In manchen Fällen hat sie auch die Form eines Kreuzes. Da das Kreuz ein christlich-religiöses Symbol ist, wurde es seit der Spätantike auf vielen Fibeln dargestellt. Die Menschen wollten damit zeigen, dass sie Christen sind.

Die ältesten bekannten Fibeln stammen aus dem 14. Jahrhundert v. Chr. Sie blieben bis ins 14. Jahrhundert n. Chr. in Gebrauch. Derartige Gewandspangen wurden früher sowohl bei prähistorischen Kulturen als auch bei den Griechen, Römern und Byzantinern verwendet. In der Vorgeschichte gab es nur einfache Fibeln. Erst ab dem 4.–5. Jahrhundert n. Chr. wurden sie verziert und auch als Schmuck verwendet. Goldblechscheibenfibeln kamen erst im 7. Jahrhundert n. Chr. in Mode.

Die Holovitrine:

Die Goldscheibenfibel aus Soest liegt hier in einer ganz besonderen Vitrine: einer Hologramm-Vitrine, kurz: Holovitrine. Diese Vitrine ist insofern besonders, als dass eine weitere Glasscheibe schräg in die Vitrine montiert wurde. Dazu spielt sich auf einem Monitor unter der blickdichten Decke der Vitrine eine Animation ab. Auf der schrägen Glasscheibe wird die Animation gespiegelt und ist dann für die Öffentlichkeit sichtbar.

Es sieht nun so aus, als wenn die Abbildungen in der Animation in der Vitrine schweben würden. Die animierten Bilder zeigen die einzelnen Herstellungsschritte und wie aufwendig es war, so eine besondere, reich verzierte Fibel herzustellen. Die Animation soll ebenfalls zeigen, dass solch ein Schmuckstück ein Produkt von hochwertigem Handwerk, also damals nur sehr schwer herzustellen war. Zurzeit gibt es im LWL-Museum für Archäologie Herne drei Holovitrinen: eine Holovitrine mit der Goldscheibenfibel, eine weitere über die Produktionsschritte eines altsteinzeitlichen Faustkeils und eine dritte Vitrine (ganz neu!), die eine römische Öllampe und deren Herstellungsprozess präsentiert.
 

Herstellung:

Gewöhnlich werden Fibeln aus Bronze hergestellt, aber es gibt auch Exemplare aus Eisen, Gold oder Silber.

Abb. 2. Die Herstellung der Scheibenfibel (Animation: Puppeteers GmbH, Dortmund; aus: Jülich / Müsch 2018)

In unserem Fall hat man die benötigten Teile zuerst aus Goldblech ausgeschnitten (a, b). Die Nutzung von Feilen hilft, die Grundplatte und die Vorderseite passgenau zu bearbeiten. Danach wird die Nadel und die Nadelhalterung angefertigt, in die richtige Richtung gebogen und auf der Rückseite der Grundseite festgelötet. Nun hat man die Zierelemente vorbereitet (c). Damit sind zum Beispiel goldene Drähte gemeint, die in Ringform gebogen werden. Nun bringt man den Rand und die Zierelemente an die Vorderseite, also die Zierseite, an (d). Die Zierelemente werden mit einem Kleber aus Malachit und Quittensaft befestigt. Festgeklebt, lötet man sie  auf der Vorderseite fest, indem letztere ins Feuer gehalten wird (e). Als nächstes steht die Befüllung der Rückseite der Zierseite mit Kitt an, eine Art Klebe- oder Dichtungsmittel, das heute immer noch verwendet wird. Anschließend werden die Zierseite und die Grundseite zusammengefügt und die Ränder umgebogen, damit sie nicht überstehen (f). Jetzt werden weitere Elemente eingesetzt, dazu zählen Gläser oder Steine (g). Nach langer und präziser Arbeit ist die Fibel nun fertig (h).

Im Gegensatz zu diesem Stück fertigt man viele Fibeln im Übrigen aus einem Stück an.

Abb. 3. Querschnitt vom Aufbau einer Nadelkonstruktion (Pasch 1985)

Aufbau:

Die Vorderseite einer Fibel ist der verzierte Teil. Bei dieser Fibel bestehen die Deckplatte und die Seiten komplett aus Gold. Insgesamt ist die Materialzusammensetzung wie folgt: 90 % Gold, 7,5 % Silber und 2,5 % Buntmetall. Die Fibel besteht aus insgesamt 580 Einzelteilen. Auf der Rückseite der verzierten Scheibe befindet sich die Spange, der Teil, der die Kleidung zusammenhält. Sie besteht aus einer Nadel mit einer Federung an deren Ende. Unter der Spitze der Nadel befindet sich der Nadelhalter. Dieser sorgt dafür, dass die Nadel sich nicht wieder löst, wenn sie durch den Stoff gesteckt wurde.

Auch wenn die Fibel klein ist, hat sie eine große Wirkung auf mich und auch viele Besucher, denn immer, wenn ich durch die Ausstellung gehe, sehe ich Menschen vor der Vitrine stehen und sie sind nicht nur von der Animation fasziniert.

Tjalf König, Praktikant

 

Literatur:

Jülich, Susanne/Müsch, Eugen: Die Herstellung der Filigrangoldscheibenfibel aus Soest in der Computeranimation. In: LWL-Archäologie für Westfalen/ Altertumskommission für Westfalen (Hrsg.), Archäologie in Westfalen-Lippe 2018, Langenweißbach 2019, S. 289–291.

Haselhoff, Günter: Kunststile des Frühen Mittelalters, Stuttgart: Württembergisches Landesmuseum Stuttgart, 1979, S. 73–74.

Stork, Ingo: Fürst und Bauer, Heide und Christ. 10 Jahre archäologische Forschung in Lauchheim/Osthalbkreis, Schriften des Alamannenmuseums Ellwangen, Band 1, 2001, S. 24–25.

https://de.wikipedia.org/wiki/Fibel_(Schlie%C3%9Fe) (letzter Zugriff am 28.02.2020)

http://www.landschaftsmuseum.de/Seiten/Lexikon/Fibeln.htm (letzter Zugriff am 28.02.2020)

 

Abbildungsverzeichnis:

Abb. 1. Die goldene Scheibenfibel aus Soest (c) LWL-Museum für Archäologie Herne (Foto: Cornelia Moors)

Abb. 2. Herstellung der Scheibenfibel (Animation: Puppeteers GmbH, Dortmund; aus: Jülich, Susanne/Müsch, Eugen: Die Herstellung der Filigrangoldscheibenfibel aus Soest in der Computeranimation. In: LWL-Archäologie für Westfalen / Altertumskommission für Westfalen (Hrsg.), Archäologie in Westfalen-Lippe 2018, Langenweißbach 2019, S. 290 Abb. 2)

Abb. 3. Querschnitt der Nadelkonstruktion (Pasch 1985)