Grabanlagen der Skythenzeit oder "der Fisch ist ein typisches Steppentier"

15.05.2012

Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zu Gast im LWL-Museum für Archäologie

Am 10. Mai 2012 war es soweit: Das LWL-Museum für Archäologie hatte hohen Besuch aus der Archäologiewelt: Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Hermann Parzinger, den die lokale Presse als „Star-Archäologe“ betitelte.

Natürlich hat der LWL seinen Ehrengast standesgemäß empfangen: Die LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Thale, unser Museumsleiter Herr Dr. Josef Mühlenbrock sowie Frau Ruth Pingel, Vorsitzende des Fördervereins des LWL-Museums für Archäologie in Herne, begrüßten Herrn Prof. Parzinger. Er kam aufgrund einer anstrengenden Bahnfahrt mit Streckenumleitung kurz vorm Zielort leicht verspätet an.

Aber bis zu seiner Ankunft war der Vortragssaal des Westfälischen Landesmuseums rappelvoll, zu den Zuhörern und Zuhörerinnen gehörten auch einige Archäologie-Studierende der Ruhr-Universität Bochum und der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Dr. Mühlenbrock hat den beeindruckenden Lebenslauf von Prof. Parzinger auf das Notwendigste gekürzt, uns aber beispielsweise wissen lassen, dass Prof. Parzinger nicht nur in der Archäologie berühmt ist, sondern sogar im Judo den schwarzen Gürtel besitzt.

Während seines Vortrages „Totenritual und Herrschaftspräsentation: Großkurgane der Skythenzeit in der sibirischen Steppe“ wurde man in einen Sog gezogen. Prof. Parzinger versteht es, Archäologie erlebbar zu machen. Jedem aus dem Auditorium wird der Satz in Erinnerung geblieben sein: „Der Fisch ist ein typisches Steppentier“. Denn die Skythen haben sich auch an den gewaltigen Flussläufen niedergelassen und der Fisch hatte eine bedeutende Rolle. Es gab nicht nur aus Blattgold gefertigte Fischmotive, sondern auch Netzbeschwerer in den aufwändigen Grabkomplexen. Zudem haben anthropologische Studien ergeben, dass circa 10 % der Ernährung aus Fischen bestand.

Und auch ansonsten war der Vortrag und auch das Thema einfach nur beeindruckend: Damit genügend Goldperlenbesatz mit in einen der Großkurgane kommen konnte, hätte man fast schon vor der Geburt mit der Anfertigung derselben begonnen haben müssen.

Sogar zur Grabungstechnik konnte Prof. Parzinger ein paar interessante Details beisteuern: Während der frühen 1990er-Jahre konnte man in Russland einfach keine Schubkarren auftreiben und bei einer Grabanlagengrabung wird viel Erdreich bewegt. Jeder, der einmal während einer Ausgrabung keine Schubkarre zur Verfügung hat, weiß, was das bedeutet.

Nach diesem wirklich pointierten Vortrag, der sowohl für Interessierte als auch für die Fachleute verständlich und faszinierend war, wurde in der Diskussion noch einmal verdeutlicht, dass es neben diesen riesigen Kurganen auch zahlreiche, einfache, zeitgleiche Bestattungen gab mit wenigen Grabbeigaben.

Janina Lamowski M.A.
Wissenschaftliche Volontärin
Bilder: LWL-Pressestelle, B. Hagemann-Kask