Mehr als nur AufRuhr... gestrandet in der Dauerausstellung des LWL-Museums für Archäologie

06.09.2010

Ich gebe es zu: der Anlass für meinen Besuch im LWL-Museum für Archäologie war die Ausstellung „AufRuhr 1225“. Klar interessierten mich Ritter im Ruhrgebiet. Aber an diesem Tag war die Sonderausstellung so voll, dass ich mich spontan umentschieden habe und erst mal in der Dauerausstellung Zuflucht gesucht habe. Was als kurze Zwischenstation gedacht war, zog mich so in den Bann, dass ich mehrere Stunden geblieben bin:

Ein dichter Wald aus Geschichten, Melodien und Knochen, das ist für mich die Dauerausstellung des LWL-Museums für Archäologie in Herne. Begrüßt wird man von einer Kombination aus Zitaten von Humboldt und anderen Geistesgrößen, die an uralten Baumstämmen angebracht sind. Über felsige Wege folgt man dem auf dem Boden angebrachten Zeitstrahl der Geschichte. 1.400.000 v.Chr. beginnt es um mich herum zu knistern, der Mensch lernt, Feuer zu machen. Ein paar Schritte weiter stolpere ich in einen Film hinein, der auf den ersten Blick aussieht wie Indiana Jones. Diesmal ist es aber ein westfälischer Archäologe - ohne Schlapphut und Peitsche - welcher der Erde ihre Geheimnisse entreißt. In einem Brief berichtet der Grabungsleiter aufgeregt von seinem Fund und unterschreibt mit „Heil Hitler“. (Wir schreiben das Jahr 1939, wie bei Indiana Jones sind auch hier die Nazis präsent.) Weiter geht es auf den Spuren des Homo Sapiens. Fasziniert von den übergroßen Röntgenaufnahmen eines menschlichen Schädels begebe ich mich in einen würfelartigen Raum. Als ich den ausgestellten Knochen in zwei Glaskästen näher komme, leuchten die Röntgenbilder um mich herum auf. Irgendwo blättert altes Pergament, jemand räuspert sich und beginnt mit einer tiefen Stimme zu sprechen: „Exzellenz! Bezüglich des von Ihnen erwähnten Schädelfundes ...“ Nach kurzer Zeit gesellt sich eine zweite Stimme dazu und ein hitziges Streitgespräch entbrennt über den ausgestellten Schädelfund. Gebannt lausche ich der hitzigen, manchmal aber auch humorvollen Korrespondenz zweier Archäologen aus dem 19. Jahrhundert.

Ist nun das mediale Feuerwerk abgebrannt?

Im Gegenteil! Auch wenn ich insgeheim auf einen eher drögen Museumsspaziergang eingestellt war, ist die Ausstellung in Herne auf mehreren Ebenen anders und überraschend. Ein Zeitstrahl führt durch Höhlen und verwinkelte Gassen, über behauene Steine und im Boden eingelassene Goldschätze. Entlang des Rundgangs stehen “Klangwürfel”, in denen man an traurig-schönen Begräbnisritualen, Kirchenchorälen und eben auch dem Dialog zweier Archäologen teilhaben kann.

Kurz und gut: irgendwo zwischen Neandertaler Schädel und frühgeschichtlichen Begräbnisritualen habe ich vergessen, dass ich mich in einem Museum und nicht auf einer echten Ausgrabung befinde. Ich bin gespannt ob AufRuhr 1225! als Sonder- bzw. Erlebnisausstellung in dieser Beziehung noch mal eine Stufe weiter geht! Dazu später mehr...

Kategorie: Dauerausstellung