Ein winziges Winzermesser

15.11.2024 Praktikant:in

Allzu winzig wäre es gar nicht, würde der Griff nicht fehlen. Doch fällt es mit seinen paar Zentimetern Größe beim Durchgang durch die Dauerausstellung kaum auf. Als ich die Praktikantenaufgabe bekam, mir ein Objekt herauszusuchen, über das ich einen Blogtext schreiben soll, war ich erst völlig überfordert. Wie kann man sich bei dieser Auswahl denn entscheiden? Nach der interessantesten Zeit? Alles ist doch irgendwo interessant! Oder nach der Schönheit? Ach, alle Exponate sind auf ihre eigene Weise schön… Also legte ich einfach Fokus auf die Objekte, über die besonders wenig in den Infotexten steht, und entschied mich daraufhin für das Winzermesser aus Büren-Steinhausen. Zwischen den anderen Stücken in der Vitrine ging es mit seinem kleinen Schildchen etwas unter, und mehr als Fundort und Datierung schien nicht bekannt zu sein. Das ich bei meiner Recherche jedoch viel mehr herausfinden würde über Landwirtschaft, den Kreis Paderborn und Weingeschichte, hätte ich nicht erwartet.

Foto: LWL, S. Brentführer.

Das Objekt

Das Winzermesser wurde in Büren, Stadtteil Steinhausen entdeckt. Es handelt sich um eine eiserne Klinge, die vermutlich mal einen Griff hatte. Es wurde der damaligen Siedlung Diderikeshusen zugeordnet und datiert auf das 13. Jahrhundert.

Winzermesser in der Geschichte

Winzermesser, Rebmesser oder auch Hippe genannte Werkzeuge finden ihren Nutzen in der Landwirtschaft oder im Gartenbau. Typisch ist die sichelförmige Klinge, die beim Schneiden von Ästen oder dem Abtrennen von Früchten zu sich hingezogen wird. Je nach Größe werden sie in unterschiedlichen Weisen verwendet. Eine kleine Klinge, wie die im Museum, ist zum Rebenschneiden gut geeignet. Größere Klingen wurden sogar als Waffe genutzt. Bis heute werden diese Messer wegen ihrer geeigneten Handlichkeit und Vielfältigkeit benutzt. Älteste Messerfunde gehen sogar bis zur Eisenzeit zurück. Entdeckungen dieser Art sind aufschlussreich, wenn es zu Fragen über die Agrikultur in der Geschichte kommt.

Diderikeshusen

Der Stadtteil Steinhausen in Büren ist der Fundort des Messers. Im Frühmittelalter befand sich dort die Siedlung Diderikeshusen, eine der bisher 186 entdeckten aufgegebenen Siedlungen im Kreis Paderborn. Sie lag verkehrstechnisch an einem günstigen Ort mit guter Verbindung zu Handelswegen und, obwohl sie zum Pfarrbezirk der Nachbarstadt Brenken gehörte, besaß sie vermutlich ihre eigene Kapelle mit Begräbnisrecht. Durch Urkunden lässt sich erschließen, dass die Siedlung dem gleichnamigen Adelsgeschlecht gehörte. Diese mussten nach der Hochzeit der Pest aus finanzieller Not ihr Gut verkaufen. Mit den nächsten Besitzern wurde die Siedlung letztendlich im Spätmittelalter verlassen.

Mehrere archäologische Grabungen wurden durchgeführt, bei einer kam das Mauerwerk eines Steingebäudes und weitere Hinweise auf den Aufbau der Siedlung ans Licht. Dazu kommt eine Münze und Keramikscherben, mit denen man mehr über Kultur und den Handel herausfinden kann. Bodenuntersuchungen ergaben landwirtschaftliche Aktivität, was zu dem Winzermesser passen würde.

Foto: Natallia Martchouk.

Büren

Die Stadt Büren entwickelte sich im 12. Jahrhundert aus der gleichnamigen Bauernsiedlung. Den Adelsherren damals war es wichtig, dass Büren wirtschaftlich bedeutender und handelsfähiger wird. Über die Jahrhunderte hinweg wuchs die Stadt und breitete sich zu dem aus, was sie heute ist. Büren ist vor allem für die vielen christlich-historischen Bauwerke und die Wewelsburg, das Wahrzeichen des Kreises Paderborns, bekannt.

Aus: Der Olymp oder die Mythologie der Griechen und Römer, August Heinrich Petiscus.

Weingeschichte und der Wein in Deutschland

Arten der Weinrebe existierten schon vor Millionen Jahren. Durch Evolution und natürliche Auslese kann man unsere heutigen Reben jedoch nicht mit ihren Urformen vergleichen. Nachdem der Mensch sich entwickelt hat, nahm er viele Jahrhunderte lang den Wein und die Reben auf seiner Suche nach festem Wohnsitz mit und verteilte ihn auf der ganzen Welt. Der bisher älteste Nachweis für den Weinbau wurde in Georgien gefunden und auf 6000 Jahre v. Chr. datiert. Auch im alten Ägypten wurde Wein hergestellt. Bekannt ist er uns doch insbesondere aus dem alten Griechenland. Viele Dichter und Philosophen lobten den Wein und bekamen daher ihre Inspiration. Sogar eine eigene Gottheit, Dionysos, hatten sie dem Wein zugeordnet. Der Weingenuss und der Umgang mit Wein ist jedoch nicht mit heute zu vergleichen. Im Allgemeinen war der Gebrauch vielseitiger. Abgesehen von der Qualität des Getränkes, welches gerne mit Meerwasser verdünnt wurde, kamen Kräuter, Gewürze und Honig zum Einsatz, um den Geschmack zu verfeinern und abzuwandeln. Als Medizin oder bei Schmerzen wurde er getrunken und als Ersatz für dreckiges Trinkwasser benutzt. Trotz der Menge, die hergestellt wurde, waren schon damals einige Sorten höher angesehen und somit wertvoller. Der Weinhandel war also schon im vollen Gange. In Rom war der Herstellungsprozess bereits vorangeschritten mit älteren Jahrgängen und Hitzebehandlung. In Germanien gab es zwar einheimische Rebsorten, es wird aber auch spekuliert, ob die Römer beim Eindringen in das Land teilweise Reben mitbrachten. Anstatt fertigen Wein mitzunehmen, hätten die Pflanzen in den eroberten Gebieten einfach angebaut werden können. Der erste Weinbau Deutschlands entstand entlang der Flüsse Rhein und Mosel, welche heute noch die bedeutendsten Orte der Weingeschichte in Deutschland sind. Zum Mittelalter hin wurde Wein besonders bedeutend für die Kirchen und Klöster, die den Anbau unterstützten und als Lager fungiert haben. Die mittelalterliche Warmzeit unterstützte das Wachstum der Reben enorm. Es entstanden einzigartige Weingeschmäcker durch das für Weinbau eher ungeeignete, kühlere Klima hier in Deutschland wie der besonders süß-säuerliche Riesling. In unserer Zeit wird Wein oft zu Mahlzeiten und eher aus Genuss getrunken.

Foto: Ilana Shnaider, wikimedia commons

Malwine Rachni Praktikantin


Literaturverzeichnis

Theodor Häußler, Das Rebmesser in Altbayern, BaierWeinMuseum Beiträge zur Geschichte des Weinbaus in Altbayern 16 (Regensburg 2014)

Walter Melzer (Hrsg.), Lebensmittel im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit. Erzeugung, Verarbeitung, Versorgung (Soest 2008)

Uta Lindgren (Hrsg.), Europäische Technik im Mittelalter 800-1400. Tradition und Innovation. Ein Handbuch (Berlin 1998)

Rudolf Bergmann (Hrsg.): Zwischen Pflug und Fessel. Mittelalterliches Landleben im Spiegel der Wüstungsforschung. Teil 1 (Münster 1993)

Hugh Johnson, Vintage. The Story of Wine (New York 1989)

Hugh Johnson, Der Weinatlas (München 2002)

Patrick E. McGovern, Ancient Wine. The Search for the Origins of Viniculture (Princeton 2003)