Die Frau in Blau

10.02.2017

Figur einer hochherrschaftlichen Dame

So wie es Tradition im LWL-Museum für Archäologie ist, wurde auch ich zu Beginn meines Praktikums gebeten, einen Artikel über mein Lieblingsstück in der Ausstellung zu schreiben. Meist befindet sich das Exponat in der Dauerausstellung, meine Entscheidung fiel jedoch auf ein Stück aus der Sonderausstellung über Vietnam, um genauer zu sein: auf die Figur einer hochherrschaftlichen Dame aus Blauweiß-Keramik. Warum dies so ist, weiß ich gar nicht so genau. Wahrscheinlich hat mich die Geschichte der Keramik fasziniert. Diese ist nämlich äußerst interessant.

Vitrinen mit Keramik

Im Jahr 1990 ging einem vietnamesischen Fischer bei den Cù Lao Chàm Inseln im Osten des Landes ein sehr ungewöhnlicher Fang ins Netz. Bei dem Netzinhalt handelte es sich um jahrhundertealtes Porzellan. In den folgenden Jahren wurden immer mehr Porzellanobjekte auf den Schwarzmärkten in London, Tokio, New York und Honkong verkauft. Aufgrund dessen schlossen sich 1996 der malaysisch-chinesische Geschäftsmann Ong Soo Hin und Mensun Bound, ein britischer Marinearchäologe zusammen, um die Herkunft der Objekte zu klären. Mit dem vietnamesischen Museum für nationale Geschichte starteten sie eine Suchaktion, die 4 Jahre lang dauerte und über 14 Millionen US-Dollar kostete. Auf dieser entdeckten sie das Wrack einer hochseetauglichen Dschunke, die 30 Meter lang und 7 Meter breit war.

Die Ladung des vergleichsweise gut erhaltenen Wracks war sensationell. Sie bestand aus ca. 300.000 Objekten, bei denen es sich größtenteils um vietnamesische Keramik des späten 15. Jahrhunderts handelte. Die Keramikobjekte stammen überwiegend aus Brennöfen der nordvietnamesischen Provinz Hải Dương. Intakte Stücke aus dieser Region waren aufgrund von Export und der Tatsache, dass nur zerstörte Stücke in den Öfen zurückgelassen wurden, selten. Wegen eines Vertrages mit der vietnamesischen Regierung gingen alle einzigartigen Stücke sowie 10 % der anderen Objekte an Museen des Landes, die restlichen 90 % der Stücke wurden im Jahr 2000 bei einer Auktion von Butterfields in San Francisco versteigert.

Figur

Mein Lieblingsobjekt ist eins der oben genannten einzigartigen Objekte. Es wurden insgesamt 6 Figuren in dem Wrack gefunden: 5 männliche und 1 weibliche Figur. Ich habe mich für die Frauenfigur entschieden. Das Ausstellungsstück besteht aus Blauweiß-Keramik mit Blattgoldornamenten. Die abgebildete Frau trägt ein Kleid mit Schultertuch. Der Ohr-, Hals- und Haarschmuck weist auf ihren hohen Rang hin, das Phönixmotiv auf der Brust unterstreicht dies, da der Phönix die Kaiserin symbolisiert und als Gegenpart für den Kaiser, der durch den Drachen symbolisiert wird, fungiert. Die Figur ist ein gutes Beispiel für die hochherrschaftliche Mode des 15. Jahrhunderts. In dem Gefäß, das sie in den Händen hält, ist ein Loch, in das Weihrauchstäbchen gesteckt werden können. Dies war vermutlich die ursprüngliche Funktion der Skulptur.

Autorin: Anna Schürkamp, Praktikantin