Begleiter für das Jenseits? – Das Doppelpferdegrab von Beckum

27.01.2025 Praktikant:in

Direkt an meinen ersten Tag fielen mir diese Tiere besonders auf. Als ich mir dann ein Exponat für diesen Beitrag aussuchen sollte, wusste ich direkt, wohin mich meine Suche führen wird: zurück zu diesen frühmittelalterlichen Pferden.

Abbildung1 der Nekropole mit dem markierten Fürstengrab. Die Striche stehen für Pferde. Nach Brieske 2011, 128 Abb. 5.

Sie stammen aus der Nekropole Beckum II, wo in den Ausgrabungsjahren 1959 bis 1967 viele Bestattungen unterschiedlicher Arten entdeckt wurden. Körper-und Brandbestattungen sind natürlich darunter, aber die Pferdebestattungen machen mit 40,8% aller Bestattungen bei Beckum II den Großteil aus. Diese Pferdebestattungen kann man in zwei Gruppen unterteilen: einfache Begräbnisse, bei denen nur der Kopf des Tieres höher gelegt wurde, und holzverschalte Gruben. Die erste Gruppe war meist beigabenlos, da man nur bei Vier dieser Pferde je einen Halfterring zuordnen konnte. Doch die Art des Begräbnisses schenkt dem Pferdekopf besondere Beachtung durch die erhöhte Lage von diesem. Die zweite Gruppe weist ein größeres Beigabenspektrum auf.

Die Mehrheit der getöteten Tiere war männlich, überwiegend Hengste im Alter von vier bis zehn Jahren. Viele Pferdebestattungen in diesem Raum und zu dieser Zeit weisen Anzeichen auf, dass die Tiere erst an oder in ihren Grabgruben getötet wurden, da man oftmals Hiebspuren an den Halswirbeln der Pferde festgestellt hat. Aus diesem Grund kann man die Tiere als Opfergaben zur Ersatzbestattung eines in der Ferne verstorbenen Kriegers oder als Begleittier, welches dem Toten im Jenseits dienen sollte, interpretieren. Ob diese Interpretationen hier zutreffen oder es einen anderen Grund für die Pferdebestattungen gab, wissen wir nicht.

Im direkten Umfeld eines besonders reich bestückten Männergrabes, dem Grab des „Fürsten von Beckum“, lagen zehn Pferde, die diesem zugeordnet wurden.

Abbildung2 eines Planes, welcher das Fürstengrab und die in Relation stehenden Pferdebegräbnisse zeigen. Ahrens 1978, 669.

Die zehn Pferde sind in vier Doppelbestattungen und zwei Einzelbestattungen unterteilt. Eines der Doppelbegräbnisse liegt südöstlich von dem „Fürsten“, die restlichen acht liegen nordöstlich in einer Reihe. An den Rändern dieser Reihe liegen die beiden einzelnen Bestattungen und zwischen diesen liegen die drei übrigen Doppelbestattungen. In einer der Doppelbestattungen liegt noch ein Hund dabei, zwischen den beiden größeren Tieren. Die Tiere sind dem „Fürsten“ zuzuordnen, weil diese zeitnah, wenn nicht zeitgleich zu diesem in die Erde gekommen sind, nämlich in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts n. Chr.

Abbildung3 des Doppelpferdegrabes im Museum. Bildrechte: LWL-Museum für Archäologie Herne/ Stefan Brentführer

Das Exponat des Museums ist das südöstliche Doppelgrab, in dem die Pferde mit ihren Köpfen zu einander, mit ihren vorderen Beinen aneinander und mit ihren Hinterbeinen ineinander liegen. Die beiden Pferde lagen ursprünglich in einer holzverschalten Grube, von der wenig übrig war bei der Entdeckung. Das Begräbnis wurde en bloc gehoben und liegt nun wieder in direkter Nähe des „Fürsten“ und anderen Funden aus der Nekropole.

Abbildung4 von den Grabbeigaben, wie diese im LWL-MAK ausgestellt sind. Bildrechte: LWL-Museum für Archäologie Herne/ C. Moors

Die Pferde hatten auch Grabbeigaben: ein Zaumzeug, „Byzantinische Riemengarnitur“ genannt, und eine örtlich typische Trense bei dem linken Pferd sowie ein Schild und ein Geschirr bei dem rechten. Die Trense lag auf dem rechten Schulterblatt und die Riemengarnitur im oberen Rückenbereich des linken Pferdes. Das Zaumzeug war dem Tier vermutlich nicht angelegt worden. Das Schild lehnte vor der Zersetzung des Holzanteiles in Schulterhöhe an der südlichen Grubenwand. Zaumzeugteile lagen im Kopf- und im oberen Rückenbereich des rechten Pferdes. Deshalb ist davon auszugehen, dass das Geschirr angelegt war.

Abbildung5 der „Byzantinischen Garnitur“, so wie sie im LWL-MAK ausgestellt ist. Bildrechte: LWL-Museum für Archäologie Herne/ C. Moors

Was interessant ist, ist, dass die Pferde einer einheimischen Rasse entstammen und der „Fürst“ auch in dem Umfeld lebte. Das macht die „Byzantinische Garnitur“ nochmals interessanter, da diese aus einer völlig anderen Region kommt.

Annika-Mariella Wagner (Praktikantin)


Literaturverzeichnis

Archäologie in Rheinhessen und Umgebung e. V (Hrsg.), Berichte zur Archäologie in Rheinhessen und Umgebung Jahrgang 7 (2014)

B. Ludowici – H. Pöppelmann (Hrsg.), Das Miteinander, Nebeneinander und Gegeneinander von Kulturen Zur Archäologie und Geschichte wechselseitiger Beziehungen im 1. Jahrtausend n. ehr. (2011)

LWL-Altertumskomission, Vera Brieske, unpubliziert, Beckum II

LWL-Altertumskomission, Vera Brieske, unpubliziert, Grabinventare aus Beckum, die sich in der Schausammlung in Herne befinden

W. Winkelmann, Das sächsische Fürstengrab (1974) - Sonderdruck aus „Stadt Beckum“

Abbildungsverzeichnis:

Abbildung1 des Nekropolenplanes: Nach Brieske 2011, 128 Abb. 5.

Abbildung2 des Fürstengrabplanes: Ahrens 1978, 669.

Abbildung3 des Grabes im Museum, Bildrechte: LWL-Museum für Archäologie Herne/ S. Brentführer

Abbildung4 der Grabbeigaben im Museum, Bildrechte: LWL-Museum für Archäologie Herne/ C. Moors

Abbildung5 der Byzantinischen Garnitur, Bildrechte: LWL-Museum für Archäologie Herne/ C. Moors