Pest, Promotion, Pädagogik

15.05.2020

Nach drei Jahren bleibt nur eins zu sagen: Danke für die schöne Zeit! (Foto: C. Moors)

Mein ganz persönliches Abenteuer Archäologiemuseum

Als mein Kollege André Burmann mir neulich seinen Blogbeitrag über sein erstes Jahr als wissenschaftlicher Volontär im LWL-Museum für Archäologie schickte, dachte ich gleich: Das mache ich auch. Genug zu erzählen habe ich auf jeden Fall. Allerdings feiere ich anders als mein Kollege nicht das Bergfest im Haus, sondern Abschied: Nach fast drei Jahren räume ich jetzt meinen Schreibtisch und verlasse das Museum. Grund genug, auf eine wunderbare Zeit zurückzublicken.

Im August 2017 fing mein ganz persönliches Abenteuer Archäologie(-museum) an. Das war purer Zufall. Manche würden vielleicht sagen: Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Über ein Projekt an der Uni Duisburg-Essen, wo ich seit 2013 die Fächer Geschichte und Germanistik studiere (und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Textes hoffentlich die Masterarbeit abgegeben habe ????), habe ich meinen Kollegen Michael Lagers kennengelernt, leitender Museumspädagoge im LWL-Museum für Archäologie. Kurze Zeit später bekam ich das Angebot, ihn als studentische Volontärin ein wenig bei seiner Arbeit zu unterstützen. Angedacht waren vier Monate. Daraus geworden sind letztlich – mit kurzer Unterbrechung – fast drei Jahre.

 

Reinschnuppern in den Museumsbetrieb

Ich erinnere mich noch gut an meinen allerersten Arbeitstag. Ein wenig nervös war ich, und auch etwas schüchtern (man glaubt es heute kaum noch), vor allem aber neugierig. Ich wurde gleich herzlich und mit offenen Armen empfangen. Ich wusste sofort, dass ich mich hier ziemlich wohl fühlen würde und es schlechtere Orte gibt, um zwei Tage die Woche seine Zeit zu verbringen.

In dieser „ersten Phase“ meines studentischen Volontariates hieß es für mich in erster Linie, bei der Veranstaltungsplanung und -durchführung zu helfen und die Social-Media-Kanäle zu betreuen. Meine persönliche „Feuertaufe“ hatte ich nach nicht ganz einem Monat: Ich durfte unser Programm zum Tag des offenen Denkmals, den ich gemeinsam mit Michael Lagers vorbereitet hatte, verantworten – ganz allein. Ich weiß, dass ich ziemlich aufgeregt war, aber am Ende ging alles gut und die Besucher*innen hatten viel Spaß bei unserer „Bauernolympiade“.

2017 durfte ich die MINT-Herbstakademie am Haranni-Gymnasium betreuen. (Foto: M. Lagers)

Mit Veranstaltungen ging es weiter. Im Oktober 2017 leitete ich die MINT-Herbstakademie am Haranni-Gymnasium und tauchte gemeinsam mit neugierigen Schüler*innen drei Tage lang in die Welt von Archäolog*innen ab. Für mich als Neuzeithistorikerin eine nicht minder spannende Entdeckungsreise. ????

Auch wissenschaftlich durfte ich mich betätigen: Für den Katalog der Sonderausstellung „Irrtümer und Fälschungen der Archäologie“ schrieb ich einige Exponatartikel und ein eigenes Essay zu den Hitler-Tagebüchern. Eines dieser Bücher wurde nämlich in der Ausstellung gezeigt. Dahinter steckt eine ebenso skurrile wie faszinierende Geschichte. So konnte ich – ganz nebenbei – meinen ersten wissenschaftlichen Aufsatz publizieren.

Mit jeder Menge neuer Erfahrungen, Erkenntnisse und Ideen verließ ich nach fünf Monaten ein bisschen wehmütig das Haus.

 

Von Irrtümern und Fälschungen

So leicht wurden meine Kolleg*innen mich allerdings nicht los. Schon im März 2018 kam ich ins Museum zurück, um einen knappen Monat lang ehrenamtlich beim Aufbau der „Irrtümer“-Ausstellung zu helfen: Sockel streichen, Vitrinen positionieren, Hauben putzen – wo es mein handwerkliches Geschick zuließ, packte ich mit an. Das kostete mich und meine Mitmenschen zeitweise Nerven (lieben Gruß an dieser Stelle an Corinna Gretenkort!). Vor allem das Aufhängen von Bildern und Grafiken und damit verbunden das Ausmessen der richtigen Winkel und Positionen strapazierte unser aller Nervenkostüm. Da unterlagen meine Berechnungen öfter mal einem Irrtum. Oder wie man im Ruhrpott sagt: „Dat Kind hat wohl 'nen Knick inne Optik.“ Aber ich entdeckte auch ganz neue Talente in mir: So wusste ich zum Beispiel vorher nicht, dass ich ein Ass im Hubwagen-Fahren bin. Die Zeit war ein Riesenspaß für mich. Nach der gelungenen Ausstellungseröffnung verabschiedete ich mich einmal mehr vom Haus und dem Team …

 

 

Pädagogik für die Pest 

… um fünf Monate später wieder auf der Matte zu stehen. Im August 2018 durfte ich erneut als studentische Volontärin im LWL-Museum für Archäologie anheuern. Mein Projekt dieses Mal: die Betreuung der Museumspädagogik für die kommende Sonderausstellung PEST! Ich konzipierte die unterschiedlichen Führungen durch die Ausstellung, machte mir Gedanken über museumspädagogische Stationen und Hands-On-Objekte, entwickelte mit meinen Kolleg*innen didaktische Materialien und plante ein Begleitprogramm mit Ferienaktionen, Kreativseminaren und Bastelworkshops. Einer der Höhepunkte war für mich dabei der Besuch bei der Analytischen Task Force der Feuerwehr Essen. Das Team dort versorgte uns nicht nur mit Infos und Exponaten zum Thema „Transport hochinfektiöser Patienten“, sondern stellte einen solchen Transport für uns auch nach. Mein Kollege Kai Bernhardt filmte diesen fiktiven Einsatz, während ich die Aufnahmeleitung übernehmen durfte. Der Film ist in der Ausstellung zu sehen. Wer genau hinschaut, sieht mich darin sogar, ich durfte nämlich eine (winzig) kleine Rolle übernehmen.

Es war unheimlich spannend, den Entwicklungsprozess der Ausstellung vom groben Konzept bis zur Eröffnung mitzuerleben und ein tolles Gefühl, selbst ein wenig dazu beigetragen zu haben. Vor allem die „heiße Phase“ war stressig und eine große Herausforderung, aber auch wunderbar. Hier zeigte sich einmal mehr, wie toll der Zusammenhalt im Team ist.

Bei Promotion-Aktionen gilt: Mit guter Laune und einem Lächeln macht’s noch mehr Spaß. (Foto: A. Burmann)

We love to promote you

Ausstellungen wollen nicht nur (inhaltlich) vermittelt, sondern auch vermarktet werden. Ich gebe zu: Neben der Museumspädagogik schlägt mein Herz vor allem fürs Marketing. Deshalb zögerte ich nie lange, wenn meine Kollegin und Marketing-Referentin Astrid Jordan mich fragte, ob ich sie bei Promotion-Aktionen unterstützen könnte. Genau genommen zögerte ich nie. Ob Fossilientag im Bochumer Tierpark, Zechenfest auf Zollverein, Tourismus-Messe in Oberhausen oder Mittelalter-Spektakel auf Schloss Strünkede – wenn’s um Promotion geht, bin ich für jeden Spaß zu haben. Lustig sind die Aktionen definitiv immer, selbst wenn es in Strömen regnet und man sich einen provisorischen Unterschlupf bauen muss. ???? Höhepunkt der Promotion-Aktionen war für mich definitiv der Cranger Kirmes-Umzug im letzten Jahr. Und die Preisverleihung im Festzelt eine Woche später (wir machten ja einen denkwürdigen ersten Platz) war fast genau so lustig. ????

Höhepunkt der Promotion-Aktionen war der Kirmesumzug mit anschließender (sehr lustiger) Preisverleihung. (Foto: A. Burmann)

Das tägliche Nebengeschäft

In meinen fast drei Jahren im LWL-Museum für Archäologie habe ich so vieles gemacht, gelernt und entdeckt. Dazu gehören auch Dinge, die das tägliche „Nebenher“ ausmachen, also all die Aufgaben, die nebenbei anfallen und mehr oder weniger zwischendurch erledigt werden. Sichtung von Unterrichtsplänen, Verfassen von Ausstellungstexten und Veranstaltungshinweisen, Kontaktpflege zu Kooperationspartnern … die Liste lässt sich weit fortsetzen. Ein besonderes Erlebnis sind immer wieder die Dienstreisen – sei es die Abholung von Exponaten oder ein Besuch auf der Bildungsmesse. Durch diese Fahrten habe ich schon so manch schönes Plätzchen entdeckt und nette Menschen kennengelernt.

Zuletzt habe ich vor allem bei den anfallenden Arbeiten in der Dauerausstellung geholfen. Dazu gehört in erster Linie das Inventarisieren. Es ist schier unglaublich, wie viele spannende Objekte in unserem Museum darauf warten, entdeckt zu werden! So schön sie inszeniert sind, so umständlich ist es hin und wieder, sie aus ihren Vitrinen zu bugsieren. Das geht manchmal nämlich im Liegen oder krabbelnd am besten. Wer sich verbiegen kann, ist da klar im Vorteil!

  • Auch beim Inventarisieren in der Dauerausstellung sollte der Spaß nie zu kurz kommen. (Foto: C. Moors)

  • Beim Ausräumen manch einer Vitrine ist körperlicher Höchsteinsatz gefragt. Oder wie wir es nennen: Yoga in der Dauerausstellung. (Foto: C. Moors)

  • Beim Ausräumen manch einer Vitrine ist körperlicher Höchsteinsatz gefragt. Oder wie wir es nennen: Yoga in der Dauerausstellung. (Foto: C. Moors)

Wie ein zweites Zuhause

Man sieht, meine letzten drei Jahre in Herne waren abwechslungsreich, spannend und vor allem spaßig. Man sagt diesem Haus zwar nach, dass es schwierig sei, auf eine schlanke Linie zu achten, weil es immer jemanden gibt, der etwas Süßes mitbringt, allerdings kann man beim vielen Lachen in der Mittagspause auch ganz gut die Bauchmuskeln trainieren. ???? Ich bin meinen Kolleg*innen sehr dankbar dafür, dass sie mir die Möglichkeit gegeben haben, mit ihnen zu arbeiten, mich einzubringen und Teil des Teams zu werden. Danke für die Geduld und manchmal starken Nerven (lieber Thomas, lieber André, entschuldigt meine schiefen Gesangseinlagen und Ohrwürmer von PUR bis Wolfgang Petry ????). Ich hatte eine tolle Zeit mit euch! Mein Kollege André Burmann schrieb in seinem Blogbeitrag, einige würden behaupten, das Kollegium in Herne sei wie eine zweite Familie. Das würde ich sofort unterschreiben.

 

 

Tausche Ruhrpott gegen Küste

Jetzt ist mein Schreibtisch aufgeräumt und leer – ein Bild, das man während meiner Tätigkeit hier eigentlich nie zu sehen bekam. Das Chaos ist mein Freund. Ich wage nun den Sprung aus dem Ruhrgebiet und tausche den Förder- mit dem Leuchtturm. Ab Juni werde ich als wissenschaftliche Volontärin im Küstenmuseum in Wilhelmshaven arbeiten. Ich bin gespannt, was mich dort erwartet. Der Abschied aus dem Ruhrpott und dem LWL-Museum für Archäologie fällt mir nicht leicht. Aber ein bisschen Meeresluft kann auch nicht schaden.

Macht’s gut und bis bald! Es war mir ein Fest!

 

Und an Euch, liebe Kolleg*innen:

Ihr seid Stimmungsraketen, Ratgeber, Kummerkästen, Umzugshelfer, Stadionbegleiter, Tränchentrockner, Tagversüßer – und vor allem Freunde. Danke für die schöne Zeit! Ihr werdet mir sehr fehlen!

Eure Julia Heimlich