Krähenfüße: Feinde auf dem falschen Fuß erwischen!

25.10.2024 Praktikant:in

Nagelbänder und Minenfelder. Heutzutage klar voneinander getrennt. Das eine wird in Kriegen eingesetzt und das andere von der Polizei zum Stoppen von Autos verwendet. Die Römer verwendeten eine Art Kombination der Beiden. Designtechnisch erinnert es eher an das Nagelband, die Verwendung jedoch mehr an Minenfelder. Es handelt sich um sogenannte „Krähenfüße“.

Wenn man durch die Dauerausstellung des Museums läuft, muss man gelegentlich nach unten schauen, denn manche Vitrinen sind in den Boden eingelassen. So auch eine Vitrine in der Epochenzone der Römer. Als ich bei meinem Gang durch das Museum über sie hinwegschritt, war ich froh, dass ein schützendes Glas zwischen mir und dem Exponat war. Es ging mir aber in erster Linie nicht um den Erhalt des Exponates, sondern viel mehr um den Erhalt meines eigenen Fußes, denn was ich sah, waren eben diese Krähenfüße.

Beschreibung

Der „Krähenfuß“, oder nach wörtlicher Übersetzung seines lateinischen Namens die „Fußangel“ (tribulus), war eine Waffe, die seit der Zeit der Römer immer wieder in Kriegen eingesetzt wurde. Als einem sogenannten Krähenfuß wird in der Kriegsführung ein kleiner metallener Gegenstand bezeichnet, der im Grunde nur aus vier kleinen Spitzen besteht, die jeweils circa 6cm lang sind. Manchmal befindet sich in der Mitte auch ein kleiner metallener Ball, an dem die Spitzen angebracht sind. In manchen Fällen besaßen sie auch Widerhaken. Diese Spitzen sind so ausgerichtet, dass der Krähenfuß stets mit dreien den Boden berührt und die vierte nach oben weist. Der große Vorteil von einem Krähenfuß ist, dass er nicht präzise platziert werden muss. Es reicht, ihn einfach auf den Boden fallen zu lassen und er ist immer automatisch richtig ausgerichtet. In der Regel wurden Krähenfüße großflächig verteilt. Dies geschah üblicherweise als Defensivmaßnahme, um Feinde zu stören und fernzuhalten. Besonders in der Dunkelheit stellten Krähenfüße ein erhebliches Problem für angreifende Gegner dar.

Skizze von Krähenfüßen mit Widerhaken. Angefertigt um das Jahr 1600 n. Chr. Foto: Lizenzfrei über Wikimedia Commons/ Солнцев, Фёдор Григорьевич.

Verwendung

Die Krähenfüße fanden ihre frühste Verwendung bei den Römern (ab ca. 330 v. Chr.), aber auch in der Neuzeit. So wurden sie zum Beispiel auch in den beiden Weltkriegen benutzt. Früher wurden sie in der Regel gegen Infanterie und Kavallerie verwendet, ab dem Ersten Weltkrieg aber auch vermehrt gegen Fahrzeuge, da Krähenfüße als billige Waffe gegen Autoreifen eingesetzt werden konnte. Wegen der Verwendung gegen Reifen sind die Spitzen heutzutage jedoch meistens hohl und diese hohlen Innenräume sind miteinander verbunden, um die Luft aus den Reifen strömen zu lassen. Sogar die Ukraine setzt heute noch Krähenfüße im Krieg gegen die Fahrzeuge der russischen Armee ein. Polizisten rund um die Welt benutzen heutzutage in der Regel Nagelbänder als letzte Möglichkeit, um Autos zu stoppen. Krähenfüße wären für polizeiliche Zwecke ungünstig, da sie nicht so präzise und kontrolliert einsetzbar sind wie Nagelbänder und zudem deutlich schwerer wieder von der Straße zu entfernen. Die langanhaltende Verwendung des Krähenfußes zu militärischen Zwecken lässt sich vermutlich auf seine simple Form zurückführen. Und der lange Verwendungszeitraum zeigt, dass ein simples Design längst keinen Schluss über die Effektivität zulässt.

Die ohnehin bereits heimtückische Waffe wurde in der Geschichte zusätzlich stellenweise mit Kot, Gedärmen oder Resten von Kadavern präpariert. Diese wurden an den Dornen angebracht, damit im Falle einer Verletzung des Feindes sich dieser kurz darauf durch die Bakterien infizierte und sich die Wunde entzündete.

Bronzene Krähenfüße aus dem Königreich Shu in der Zeit der drei Königreiche um 240 n Chr. Foto: Lizenzfrei über Wikimedia Commons/Gary Todd.

Fundort

Auch im nahegelegenen Haltern wurden Krähenfüße ausgegraben. Dort wurden zwar verhältnismäßig wenige von ihnen gefunden, jedoch fällt auf, dass die existierenden Funde an der nord- und südwestlichen Seite eine höhere Konzentration aufweisen. Da Krähenfüße in der Regel als Defensivmaßnahme eingesetzt wurden, liegt nahe, dass sie in Haltern ebenfalls Feinden den Angriff aus diesen Richtungen erschweren sollten. Es handelt sich bei den dort gefundenen Krähenfüßen auch wahrscheinlich um Spuren der Verteidigung von der Belagerung im Winter 9 auf 10 n. Chr.

Die Krähenfüße, welche in Haltern gefunden wurden (ca. 10 n. Chr.) und in der Dauerausstellung unseres Museums in Herne ausgestellt sind. Foto: LWL-Museum für Archäologie und Kultur in Herne, Cornelia Moors.

Popkultur und Inspiration

Auch in fiktiven Werken werden Krähenfüße verwendet. Zum Beispiel besitzt das Batmobil die Funktion Krähenfüße zu verteilen, um Verfolger abzuschütteln. Dasselbe gilt für James Bond im Film „Der Morgen stirbt nie“. Auch in dem Tabletop-Spiel Dungeons & Dragons sind Krähenfüße als Gegenstände einsetzbar.

Im Verlauf der Geschichte kam es auch immer wieder zu ähnlichen Erfindungen, so zum Beispiel zum „Spanischen Reiter“ oder dem „Tschechenigel“. Beide wurden und werden auch immer noch in Kriegen verwendet.

Ein sogenannter Spanischer Reiter der Konföderierten Armee bei der Belagerung von Petersburg 1864/65. Foto: Lizenzfrei über Wikimedia Commons/Unbekannter Urheber. / Ein sogenannter Tschechenigel der Schweitzer Armee. Er weist Ähnlichkeiten zum Krähenfuß auf und dient als Panzersperre. Foto: Lizenzfrei über Wikimedia Commons/Clément Dominik.

Praktikant: Matthias Grützner


Literatur

Harnecker, Joachim: Katalog der Eisenfunde von Haltern, aus den Grabungen der Jahre 1949-1994. In: Isenberg, Gabriele: Bodenaltertümer Westfalens Bd.35, Münster 1997, S.36.

Mahan, D.H.: An Elementary Course of Military Engineering  Part I: Field Fortification, Military Mining and Siege Operations, New York 1867.

Aßkamp, Rudolf: Haltern, Stadt Haltern am See, Kreis Recklinghausen. In: (Hrsg.) Altertumskommission für Westfalen: Römerlager in Westfalen Bd.5, Münster 2010, S.36.

(Hrsg.) United States War Department.: Tactical and Technical Trends, No. 11, Washington D.C. 1942.

Brooks, Walker: United States Patent Office, Serial Number: 462530, Piedmont 1942.

Hambling, David: Ukraine Drops Ancient Roman Weapons From Drones To Stop Russian Trucks, in URL: Ukraine Drops Ancient Roman Weapons From Drones To Stop Russian Trucks (forbes.com) (zuletzt eingesehen am 17.09.2024).

(Hrsg.) Blank, Ralf / Kötter, Mirjam u.a.: Hagener Fundstücke. 111 Archäologische Funde aus Hagen und dem Museum Wasserschloss Werdringen, in: (Hrsg.) Belgin, Tayfun / Blank, Ralf: Hagener Beiträge zur Kultur und Geschichte Bd.2, Essen 2020.