Praktikantenbesuch aus Damaskus

29.09.2017

Ansicht Damaskus von 1677 (Bildquelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Damaskus#/media/File:Olfert_dapper_1677_damaskus.jpg)

Nezar ist für sechs Wochen Praktikant bei uns gewesen und hat in dieser Zeit einen Beitrag für unseren Blog verfasst. Zunächst nichts Ungewöhnliches, wie regelmäßige Leser des Blogs wissen werden, jedoch war dieses Unterfangen für Nezar eine besondere Aufgabe.

Seit etwa einem Jahr ist er nun in Deutschland und ist auch zu uns gekommen, um seine Sprachkenntnisse aufzupolieren, vor allem im fachwissenschaftlichen Bereich. Denn Nezar studierte in Damaskus, seiner Heimatstadt, Archäologie. Dort konnte er jedoch sein Studium nicht beenden und versucht dies nun hier bei uns im Ruhrgebiet zu tun. Für deinen Mut, einfach alles auf Deutsch zu versuchen, ziehen wir unseren Hut! Nezars Beitrag wurde von uns nur so weit „korrigiert“, wie es nötig war.

(Blog-Redaktion LWL-Museum für Archäologie)

Blick in die Vitrine der Perle in der Sonderausstellung (Foto: N. Alkilany Alkadri/LWL-Museum für Archäologie)

Ungewöhnliche Perlen in NRW

Wie können wir wissen, was in der Vergangenheit passiert ist? Archäologisch betrachtet ist das Matrial des Fundes sehr wichtig. Genauso sind die Herkunftsorte des Materials besonders  interessant, da wir die Handelsverbindungen nachweisen können. Wir haben viele Methoden, damit wir das Material bestimmen und die Herkunft lokalisieren können, zum Beispiel die Chemie, mikroskopische, palynologische oder algenkundliche Methoden. Bücher zu lesen oder in der Geschichte nach Informationen zu suchen. Als Wissenschaftler und Studierende suchen wir nach den besonderen Quellen, von denen wir viele Informationen über die alte Zivilisationen sammeln können. Knochen, Gebäude, Steine und so weiter sind unsere Referenzen. Für mich sind die Steine sehr interessant, weil die die ersten Werkzeuge der Menschen waren. In LWL Museum, wo ich mein Praktikum mache, findet man so viele wunderbare archäologische Stücke, die uns tausend Geschichten über die historischen Zeiten erzählen. Es ist sehr schwer daraus ein Stück zu wählen und darüber zu schreiben. Aber was mir besonders ins mein Auge springt, ist eine kleine Perle, die in der Sonderausstellung ausgestellt ist.

In frühmesolithischen Fundschichten in Werl-Büderich ist diese schöne Perle gefunden worden. Sie ist nur 3,5 mm im Durchmesser groß und aus amorphem Siliziumoxid. Im Jahr 2012 ist sie anhand von Laubbaum-Holzkohle (Bestimmung durch Ursula Tegtmeier, Universität zu Köln) bestimmt worden. Mit einem (korrigierten) Alter von 9369+- 45 cal nach Christus gehört sie bereits in die früheste nacheiszeitliche Erwärmungsphase, das Präboreal. Wenn man diese anschaut, fragt man sich, wie ist dieser Stein gelocht worden? Welche Werkzeuge hat man benutzt? Es ist klar, dass es in Nacheiszeit keine Maschinen gab, um ein Loch von knapp 1 mm Größe zu machen. Aber leider haben wir keine Informationen darüber. Als Vorbild hatte der Handwerker vielleicht die Mikrolith-Steine, die in der gleichen Zeit zu entdecken sind, benutzt.

  • Fundplatz (Grafik: M.Heinen)

  • Die Bernsteinperle (Foto: S. Brentführer/LWL-Archäologie für Westfalen)

  • (Foto: N. Alkilany Alkadri/LWL-Museum für Archäologie)

Bernstein in Westfalen

Ein kleines Stück von einer Kette könnte diese Perle sein. Ein Schmuckstück von 9300 v. Chr  ist warscheinlich diese honiggelbe Perle. Bei der fantastischen  Farbe des Materiales könnte es sich um Bernstein handeln. Eine weitere Überraschung ist, dass das Material ungewönlich ist. Vielleicht handelt es sich um eine international hergestellte Perle von bemerkenswert geringer Größe. Hier stellt sich die Frage, ob die Menschen damals gewusst haben, dass dieser Stein sehr selten war? Und deshalb aus ihmSchmuck gemacht haben? Oder sie hatten es mit anderem Material verwechselt? Eine weitere Theorie ist, dass sie jemand von einem weiter entfernten Ort mit gebracht hat. Weil in dieser Zeit der Mensch noch Jäger und Sammler war. Ich bin in der Meinung, dass dieser Stein aus anderem Ort mit gebracht wurde. Die kleine Perle lag unweit des westlichen Arbeitsplatzes, wo an einem Feuer Pfeile repariert wurden.

(Foto: N. Alkilany Alkadri/LWL-Museum für Archäologie)

Import in der Steinzeit

Von einem anderen Fundort in Deutschland (Erkelenz-Kückhoven,Kreis Heinsberg) entdeckte man ein anderes Schmuckstück. Ein schön überschliffener Anhänger (1,6cm x 1,9cm), der aus opakem baltischen Bernstein ist und zwei antik ausgebrochene Durchlochungen besitzt.

Überblick über Bernsteine

Das Material spielt auch hier noch mal eine Rolle, weil es in Nordrheinwestfalen nicht vorkommt. Der Bernstein wurde von dem Harz von Nadelbäumen in einigen Gebieten mit Nadelwald vor Tausenden Jahren gebildet und versteinert. Der Bernstein gilt nicht als eine der grundlegenden mineralischen Edelsteingruppen, sodern als fossile organische Substanz im Sinn von organischer Pflanzenmaterie. Er ist knackig und riecht nach Kiefern,enn er von Hand geriebt oder verbrannt wird. In der Regel reichen die Farben von gelb bis dunkelgelbund es gibt  kreisförmige Formen, unregelmäßige Formen oder Tropfenform. Der Bernstein wurde in alten Zeiten von der südlischen Ostseeküste und der dominikanischen Republik eingeführt. Es gibt auch kleine Mengen in Sizilien, Rumänien, Cyrbia, Grönland, Myanmar, Australien und USA.

  • Die Gagat-Perle in der Sonderausstellung (Fotos: N. Alkilany Alkadri/LWL-Museum für Archäologie)

  • Die Gagat-Perle in der Sonderausstellung (Fotos: N. Alkilany Alkadri/LWL-Museum für Archäologie)

  • Die Gagat-Perle in der Sonderausstellung (Fotos: N. Alkilany Alkadri/LWL-Museum für Archäologie)

Gagat - ein besonderes Gestein

Das dritte Stück, über das ich erzählen möchte, ist eine Perle aus Gagat, die in Erwitte-Schmerlecke, Kreis Soest in Kollektivgräbern entdeckt wurde. Sie stammt aus der Zeit 3500-3000 v. Chr.und ist ein schönes Schmuchstück. Alle Seiten sind sehr gut geschliffen; obwohl die  Gagatsteine sehr schwer zu formen sind, ist diese Perle sehr gut herstellt. Wie die beiden anderen Materialen ist auch der Gagat sehr selten. Hier ist ein Überblik über Gagatsteine.

Überblick über Gagatsteine

Der Gagat wurde auch als “schwarzer Bernstein“ bezeichnet. Er entsteht nach Definition dadruch, dass Holz, das durch Humusgel oder Bitumen imprägniert wurdesichunter extremen Druck verdichtet. Die Gagatsteine färben sich entweder schwarz oder dunkelbraun. Sie wurden in der Herstellung von Schmuck seit der Steinzeit verwendet. Aber die frühesten entdeckten Formen des Gagat gehen auf 10.000 v. Chr. zurück, während der Bronzezeit und Eisenzeit hat man den Gagat als Perle verwandet. In der Römerzeit verwendete man ihn bei Herstellung von Dichtung, Harrnadeln, Armbändern, Fußkettchen und Halsketten.

 

Autor: Nezar Alkilany Alkadri, Praktikant