"Abgefahrene" Pressearbeit unter Tage

15.03.2016

Ungewöhnliche Arbeitsplätze im Museum

Als Journalist führt man schon mal Pressegespräche auf Fördertürmen, in Schlachtereien mit Blut unter den Füßen oder in schwindelerrenger Höhe auf Kühltürmen von Kohlekraftwerken. Man landet auch gern (zumindest ehedem) mit eingezogenem Kopf unter Tage zwischen Kohleflözen. Wer aber auch noch Archäologische Wissenschaften studiert hat, erlebt garantiert die richtig ungewöhnlichen "Locations". Da ist ein Abgleiten in die steinzeitliche Höhle nur ein Höhepunkt von vielen. Auch das Archäologische Museum hat in dieser Hinsicht einiges zu bieten. Wie kürzlich in einer fahrenden U-Bahn. Dort ging es passend zum Thema um die "Nacht unter Tage" mit "Archäologie zum Anfassen". Schließlich liegen das LWL-Museum für Archäologie, das Deutsche Bergbau-Museum Bochum und auch die U35 im wahrsten Sinne unter Tage und haben reichlich Berührungspunkte mit der Archäologie. Warum also nicht an diesen ungewöhnlichen Ort als ungewöhnliche Kooperationsgemeinschaft?!

Im Fokus: Der Museumsleiter vor einer abenteuerlichen Kamerakonstruktion beim Interview in der fahrenden U-Bahn.

Da war es ganz normal, mit einem mittelalterlichen Spielmann, einem Museumsleiter, einem Verantwortlichen für die Museumspädagogik und der Pressesprecherin der Bogestra in das hintere Abteil der U35 an der Haltestelle Archäologiemuseum/Kreuzkirche einzusteigen - einen kleinen Trupp Pressevertreter im Schlepptau. Die übrigen Gäste schauten zwar etwas irritiert, als "Michel" in die Saiten griff und das Abteil mit inbrünstigem mittelhochdeutschem Gesang füllte. Auf zunächst erschrockenen Gesichtern machte sich aber schnell ein Lächeln breit. Spätestens, als am Haltepunkt "Deutsches Bergbau-Museum" 9 Minuten später ein noch größerer Pulk die U-Bahn kaperte - angeführt von einem "Schürfer", war die Stimmung auf dem Hochpunkt. Da waren die meisten Fahrgäste schon in der Lektüre der mitgebrachten Flyer vertieft.

Eigentlich gehört ein Schürfer ja in die Eisenzeit und fördert dort mit relativ primitiven Mitteln vorzugsweise Salz aus der Erde. Hier jedoch konnte er sich mit seinem Korb auf dem Rücken und dem Werkzeug in der Hand entspannt an die Plastikabgrenzungen lehnen, einmal kurz vor den staunenden Presseaugen seine Ausrüstung präsentieren und den heimlich fotografierenden U-Bahngästen ein exquisites Fotomotiv bieten. Hier erlebten gleich zwei Epochen eine Zeitreise auf rollenden Rädern und die Presse war begeistert: Eine im wortwörtlichen Sinne "abgefahrene" Pressekonferenz auf Rädern.

Kleine "Vorführung" als eisenzeitlicher Schürfer.

Ob Faustkeil oder Taschenlampe, Schürfer oder Spielmann: Die Zeugnisse der Vergangenheit zogen magisch sämtliche Aufmerksamkeit auf sich. Die Daten und Fakten zur "Nacht unter Tage" gerieten dabei fast zur Nebensache. Es mutete auch irgendwie skurril an, wenn beim Halt an der Ruhruniversität gerade die historische Modenschau heftig diskutiert wurde, an der Oskar-Hoffmann-Straße entgeisterte Zugestiegene die Ankündung von Kostproben steinzeitlicher Speisen aufschnappten und am Hauptbahnhof in Bochum das Gespräch bei den Vorfahren unserer wilden Tiere wie Höhlenbären oder Wollnashörnern angelangt war. Ganz nebenbei schien mancher Wartende an den Gleisen seinen Ohren nicht zu trauen, als das nächste Minnelied vom Spielmann angestimmt wurde.

Die Journalisten jedenfalls diskutierten noch beim Austeigen das ungewöhnliche Erlebnis. Und auch unter den Teilnehmern waren sich alle einig, Zeugen eines wahrlich besonderen Ereignisses geworden zu sein.

Katja Burgemeister

Spielmann Michel spielt für die "Nacht unter Tage"

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