„DIGITAL IST BESSER“
Mit dieser fast provokanten Aussage startete Ende März 2019 ein Facebook-Post des LWL-Museums für Archäologie im westfälischen Herne.
Es war eine Einladung an alle interessierten Fans, Freund*innen und Follower*innen des Museums zur Teilnahme an einem Workshop zum Thema „Digitalisierung“. Aus dem Wortlaut des Posts: „Wir möchten gemeinsam mit Euch unsere digitale Strategie (weiter)entwickeln. Wer hat Lust, mitzumachen – Ideen, Visionen und Erfahrungen einzubringen? (…) Wer dabei sein möchte, bitte mit einem kleinen Vorstellungstext via PN melden.“
Das Motto „DIGITAL IST BESSER“ ist angelehnt an den gleichnamigen Plattentitel der Band Tocotronic aus dem Jahre 1995 – die Platte war ein voller Erfolg! In unserem Zusammenhang ist es eine steile Hypothese, gleichzeitig aber auch ein Auftrag. Ein Auftrag, der aus einem der wichtigsten Ziele des Herner Archäologiemuseums um die Leiterin Dr. Doreen Mölders resultiert. Das Haus schreibt sich seit kurzem auf die Fahne – oder auf Instagram und Twitter neben das Hashtag-Symbol –, dass es sich als #modernstesArchäologiemuseum versteht. Und zur Modernisierung einer kulturellen Institution, die sammelt, bewahrt, forscht, bildet und begeistert, gehört nun eben auch die Einbeziehung digitaler Medien, zur Vermittlung und zur Kommunikation, nach innen und nach außen. Denn, und hier sind sich alle einig: Digitalisierung trägt zweifelsohne dazu bei, am verstaubten Image von Museen zu schrauben, in der Gesellschaft eine größere Relevanz zu erlangen und die Teilhabe einer breiten Öffentlichkeit zu ermöglichen.
Ziel des Workshops war also, eine digitale Strategie für das LWL-Museum für Archäologie in Herne zu formulieren. Eine solche digitale Strategie „definiert und kontrolliert alle Strukturen, Maßnahmen, Projekte, Produkte, Ressourcen, Kompetenzen und Wertigkeiten, aber auch Kosten und Nutzen, die ein Museum im Digitalen einsetzt und führt sie in ein optimales Miteinander. Sie ist als grundsätzliche, langfristige und nachhaltige Verfahrensweise zu verstehen. Eine digitale Strategie ist eine Querschnittsaufgabe. Und funktioniert ganzheitlich.“ Dieses Zitat stammt von den extern beauftragten Beratern Dr. Christian Gries und Harald Link von den Kulturkonsorten, die den Workshop als „World Café“ geplant hatten; ein Konzept, das sie folgendermaßen definierten:
„Das ‚World Café‘ ist eine Workshop-Methode, die darauf abzielt, Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen. Im Kern geht es um einen unkomplizierten und offenen Austausch zu unterschiedlichen Themen in mehreren Gesprächskreisen, ganz so wie im normalen Straßen-Café und in der früheren Salon-Kultur. Um den Diskurs zu vertiefen, wechseln die Teilnehmer mehrmals die Tische und die Gruppen werden durchmischt. Am Ende steht eine Abschlussrunde im Plenum, bei der die Teilnehmer*innen bzw. die Tisch-Moderator*innen die Ergebnisse präsentieren.“
Die einzelnen Themen lauteten:
- (Digitale) Besucher
- Bildung und Vermittlung
- Digitale Sammlung
- Organisation & Change Management
- Kommunikation & Marketing
Kernfragen als Impulse wurden seitens der Berater vorbereitet und den Moderator*innen der einzelnen Thementische an die Hand gegeben.
Apropos Moderator*in: Auch ich habe eines der Tischthemen moderiert, und zwar das Thema (Digitale) Besucher. Für mich war diese Aufgabe gewissermaßen ein „Sprung ins kalte Wasser“, denn erst wenige Wochen zuvor hatte ich erfahren, dass ich ab Mai als Wissenschaftlicher Volontär im LWL-Museum für Archäologie in Herne beschäftigt sein werden – und war gerade dabei, von Frankfurt am Main nach Bochum zu ziehen. Aber kommen wir zur Vorgehensweise und den Ergebnissen unseres Workshops:
„DIGITAL IST BESSER“: Am ersten Workshop-Tag ging es darum, an jedem Thementisch mithilfe der Kernfragen Diskussionen in Gang zu bringen, die dann als Stichwörter und Konzepte auf einer Pinnwand festgehalten wurden. Ziel war jeweils, einen Ist- und einen Soll-Zustand zu erarbeiten. Da sich die Gesprächsteilnehmer*innen jede halbe Stunde änderten, wurden die vorangegangenen Ergebnisse mithilfe der Pinnwand jedem neuen Gesprächskreis vorgestellt. Darauf bauten dann die neuen Diskussionsrunden auf.
An meinem Thementisch (Digitale) Besucher wurden die Erwartungen der Besucher*innen an das Museum diskutiert. Dabei stellten wir schnell fest, dass man nicht von den Besucher*innen sprechen könne, sondern die verschiedenen Besucher*innengruppen berücksichtigen und hinsichtlich der Erwartungen durchdeklinieren müsste. Einige dieser Erwartungen erfüllt des LWL-Museum für Archäologie schon jetzt, andere– insbesondere im digitalen Bereich – aber noch nicht (ausreichend). Die vorhandenen und die wünschenswerten Angebote wurden auf einer Ist- sowie ein Soll-Seite festgehalten, ebenso wie die Möglichkeiten der Partizipation.
Was die digitalen Besucher*innen dem Museum wert sind, diskutierten auch die Runden zum Thema Bildung und Vermittlung. Analoge und insbesondere digitale Vermittlungsangebote ließen sich anhand einiger Beispiele konkretisieren; dabei war von besonderem Interesse, wie das Digitale den klassischen Ausstellungsraum erweitern könne.
An einem weiteren Tisch stand die Digitale Sammlung im Mittelpunkt. Ausgelotet wurde, was sie leisten kann und soll, welche Ziele das Museum mit ihr verbindet sowie welche Inhalte welche Zielgruppen erreichen können. Fragen zu Open Access-Strukturen, Rechtsangelegenheiten und Copyrights schwingen bei dieser Thematik unweigerlich mit. Dass die Nachhaltigkeit einer digitalen Sammlung mitbedacht und alltägliche Probleme mit bzw. bei der Digitalisierung mitberücksichtigt werden müssen, kam ebenso zur Sprache.
Unter Organisation & Change Management stand zur Debatte, ob die Kompetenzen im Museumsteam einer zunehmenden Digitalisierung gerecht werden, Weiterbildungsmaßnahmen genügen oder gar Bedarf an neuem Personal angemeldet werden muss. Reicht eine Person, die als „Chief Digital Officer“ die Digitalisierungsvorhaben koordiniert, oder ist eine Aufteilung der Verantwortung auf mehrere Schultern sinnvoller? Die Frage der Ressourcen für nachhaltige Konzepte kam zudem nicht nur an diesem Thementisch auf.
Welche Rolle das Digitale in Kommunikation & Marketing spielt, nahm eine weitere Gesprächsrunde unter die Lupe. Bei der Umsetzung und im Betrieb werden sich unweigerlich Herausforderungen auftun, die es im Haus, aber auch mit digitalen Partnern zu lösen gilt.
Die Ergebnisse der (fünf) Gesprächsrunden wurden anschließend ins Plenum getragen und diskutiert.