Museumsleiter Dr. Josef Mühlenbrock besucht das Salzbergwerk von Hallstatt

10.07.2014

Blick über den Hallstätter See vom Hochplateau

Beim Anblick des Hallstätter Sees bekommt man eine erste Idee, was schon vor 7000 Jahren Menschen bewogen haben mag, sich hier niederzulassen. Aber es war natürlich nicht nur das atemberaubende Panorama, das sie hierher gelockt hat, sondern vielmehr die Schätze, die im Berg schlummerten, Salz, das Generationen von Menschen zu Reichtum und Wohlstand verhalf.

Mit einer Schrägseilbahn geht es hinauf in die Salzwelten

Um vom See ins Bergwerk zu kommen, muss man erst einmal hinauf mit der Panoramabahn. Denn auf einem Plateau 700 Meter über dem See liegt das berühmte Hochtal, das wirklich Archäologie-Geschichte geschrieben hat.

Das Areal des prähistorischen Gräberfeldes von Hallstatt

1846 nämlich war der damalige Bergmeister Johann Georg Ramsauer beim Öffnen einer Schottergrube hier auf kostbare Grabbeigaben gestoßen. Er hatte damit ein riesiges prähistorisches Gräberfeld angeschnitten, das einer ganzen Periode der Vorgeschichte ihren Namen geben sollten, der Hallstatt-Zeit.

Anton Kern (l.) erläutert Museumsleiter Josef Mühlenbrock die Bestattungssitten und Grabfunde des Gräberfeldes

Dort oben liegt auch der Einstieg in die Salzbergwerke. Ausgestattet mit voller Montur, Overall, Helm mit Lampe und dicken Stiefeln ging es dann durch den Kaiserin-Christina-Stollen aus dem 18. Jahrhundert zu den prähistorischen Fundstätten.

In der Einkleidekammer
Einstieg in den Kaiserin-Christina-Stollen

Nach mehreren Hundert Metern Marsch gelangten wir in eine schmale Kammer, die einen der größten Schätze des Berges beherbergte: die älteste Holzstiege der Europas. In der Bronzezeit hatten die Menschen senkrechte Schachtanlagen in den Berg getrieben, um an die salzreichen Schichten zu gelangten. Die Höhenunterschiede überbrückten sie dabei mit hölzernen Stiegen. Eine dieser Steigen wurde erst vor wenigen Jahren entdeckt, dendrochronologisch datiert auf die Jahre 1344 und 1343 v. Chr. Da jedoch der Berg ständig arbeitet und der „Bergdruck“ jeden Hohlraum über kurz oder lang wieder verschließt, entschlossen sich die Forscher, die Stiege am Fundort abzubauen und zur weiteren Untersuchung nach Wien zu bringen. So waren bei unserem Besuch zwar „nur“ die Abdrücke der Stiege zu bewundern, aber schon das war äußerst beeindruckend.

Anton Kern und Josef Mühlenbrock bei den Abdrücken der ältesten Stiege Europas

Weiter ging es vorbei an meterdick zusammengepressten Schichten, die noch Überreste des bronze- und eisenzeitlichen Salzabbaus konserviert haben: Kienspäne, die als Fackeln dienten, Lederfragmente von Tragesäcken oder Kleidungsstücken und Reste von Seilen aus Lindenbast.

Anton Kern präsentiert die komprimierten Schichten aus Leuchtspänen
Detail Leuchtspäne
Lederreste, die sich im Salz hervorragend erhalten haben

Auch in die Nähe des Fundortes eines höchst spektakulären Fundes konnte ich gelangen: in den sogenannten Kilb-Ablass.

Kilb-Ablass

In dem über dem Kilb-Ablass liegenden Kilbwerk wurde 1734 der „Mann aus dem Salz“ freigelegt, eine mumifizierte Leiche, die man – weil man den Menschen für einen christlichen Bergmann aus der Neuzeit hielt – auf dem Hallstätter Friedhof bestattete. Heute gehen die Forscher eher davon aus, dass der Bergmann schon vor mehr als zweitausend Jahren bei einem Stolleneinbruch verschüttet worden war. Wie viel mehr Menschen mögen wohl bei den Erdrutschen der letzten Jahrtausende noch im Berg verschüttet worden sein, die, wenn nicht der Zufall zu Hilfe kommt, vermutlich für immer unter Tage bleiben werden?

Dann gelangten wir ins Herz des Bergwerkes. Unterhalb des sogenannten Stügerwerkes hat sich eine kleine Kammer erhalten, die der Bergdruck noch nicht zusammengedrückt hat. Warum diese Kammer „Herzkammer“ genannt wird, kann man schnell erkennen: In der Eisenzeit haben die keltischen Bergleute hier herzförmige Rillen in den Salzstock geschlagen und so ganze Herzen, die bis zu 100 Kilogramm gewogen haben dürften, herausgebrochen. Wie die Kelten das geschafft haben, ist bis heute ein Rätsel. Experimentalarchäologen ist es bislang nicht gelungen, solche Herzen aus dem Salz herauszuhauen.

Im Herzen des Salzberges

Nach über zwei Stunden im Berg sind wir dann über steile Holztreppen in den Kaiser-Josef-Stollen gelangt, der uns nach mehreren Hundert Metern geducktem Gang wieder ans Tageslicht beförderte.

Stiege zum Kaiser-Josef-Stollen

Der Besuch der Salzwelten in Hallstatt war ein einmaliges Erlebnis, für das ich Dr. Anton Kern sehr dankbar bin. Noch nie hatte ich als Museumsleiter die Gelegenheit, in das Thema einer zukünftigen Ausstellung im wahrsten Sinne des Wortes so tief einzusteigen. 

Dr. Josef Mühlenbrock

Leiter des LWL-Museums für Archäologie Herne