Das Totenbrot ist natürlich haltbar, auch Früchte sind häufig auf der Ofrenda zu finden. Das Lieblingsgericht der Ahnen wird in Mexiko meist erst am 2. November direkt auf dem Friedhof gegessen, wo man das Fest nach einer feierlichen Prozession ausklingen lässt. Vorher macht man das Grab sauber, dekoriert es und setzt sich schließlich quasi zu dem/der Toten und isst, häufig in großer Runde, wie bei einem Familientreffen.
In Mexiko ist Essen an sich eine sehr präsente kulturelle Angelegenheit. Beim Essen redet man über das Essen, was man isst und essen wird. Entsprechend gehört es ganz selbstverständlich zur Erinnerung an die Verstorbenen dazu. Man gedenkt nicht nur mit Fotos und Objekten der Verstorbenen, sondern auch mit ihrem Lieblingsessen, dass man so nie wieder für sie zubereiten wird. Man bereitet es am Tag der Toten zu ihren Ehren noch einmal zu, und in diesem Akt des Zubereitens und Essens findet die Erinnerung statt. Aber sie ist nicht mit einem Schuldgefühl oder mit Trauer verbunden, sondern eher mit Freude: Schau, wie schön die Fotos, wie schön und bunt die Ofrenda aussehen - ganz wie das Leben.
In Mexiko gehört der Tod einfach zum Leben dazu, als ein Teil dessen, durch den wir alle hindurchmüssen. Deshalb auch die Skelette in feinen Kleidern und großen Hüten, die man als Dekoration auf der Ofrenda findet und die als Film-Figuren den Tag auch außerhalb Mexikos weltweit bekannt gemacht haben. Sie sind als gesellschaftlicher Kommentar zu verstehen: Am Ende des Tages sind wir alle gleich, egal ob reich oder arm, einfach "Calaveras" (Skelette aus Pappmaché, Satz frei zitiert nach José Guadalupe Posada).
Andrea Barba studierte Modedesign in Mexiko und sammelte internationale Erfahrungen in Deutschland, Brasilien, Italien und England, bevor sie 2014 ihren Abschluss machte. Danach arbeitete sie als Kostümbildnerin für freie Theater- und Opernproduktionen in Mexiko und Deutschland. Ab 2017 arbeitete sie am Theater Oberhausen als Kostümassistentin und gelegentlich als Kostümbildnerin für andere Theater und freie Produktionen.
LWL-Archäologie Presseabteilung