Kopfschutz im Kampfeinsatz

11.03.2021

Bild 1: Gesamtansicht des Helms © LWL-Museum für Archäologie Herne/ C. Moors

Kopfschutz im Kampfeinsatz

Der römische Helm des LWL-Museums für Archäologie Herne sticht durch seinen guten Erhaltungszustand und seine Details hervor. Der Originalhelm eines römischen Kriegers! Das Exponat spricht mich besonders an, da ich von römischer Legionärsausrüstung fasziniert bin. Wie schützten sich die Soldaten im Kampfeinsatz? War die Ausrüstung hierfür geeignet?
 

Römische Helme

Die römische Legionärsausrüstung setzte sich aus Bestandteilen zusammen, die insgesamt circa 30 kg wogen, also ungefähr so viel wie ein größerer Hund. Ein Helm aus Eisen bildete den krönenden Abschluss. Das hier ausgestellte Exemplar (Bild 1) war ehemals mit Federn geschmückt. Federn wurden hauptsächlich für Paraden an den römischen Helmen befestigt.

Gallische Manufakturen waren als Hersteller dieser Kopfbedeckung beliebt. Die römischen Rekruten erhielten ihre Helme je nach in der Zeit verfügbaren Modellen. Der auskragende Rand am Hinterkopf diente dem Schutz des Nackens. Eine Stirnverstärkung schützte die Stirn. Die Wangenklappen boten Verteidigung gegen Schuss- und Wurfwaffen, aber gegen eine Nahkampfwaffe hatten sie kaum Wirkung. Eine Innenpolsterung und ein guter Sitz des Helms waren für dessen Tauglichkeit im Feld entscheidend. Sie diente dem besseren Sitz des Helmes und sorgte dafür, dass der Träger keine Schmerzen durch das Eisenmaterial erleiden musste, insbesondere bei Schlägen auf den Helm. Bei der Auswahl eines Helmes war das Verhältnis von Gewicht und Schutzwirkung entscheidend.

  • Bild 2: Vorderansicht des Helms mit den "Augenbrauen" © LWL-Museum für Archäologie Herne/ C. Moors

  • Bild 3: Seitenansicht des Helms mit den "Augenbrauen" © LWL-Museum für Archäologie Herne/ C. Moors

Bild 4: Eine Wangenklappe aus Haltern am See als Beispiel © LWL-Museum für Archäologie Herne/ C. Moors

Helm aus Dorsten-Holsterhausen

Der vorliegende, 419,8 g schwere Helm ist 29,8 cm lang, 18,2 cm breit und 15,5 cm hoch. Besonders kennzeichnend sind die angedeuteten „Augenbrauen“ (Bild 2+3). Er besteht aus Eisen und stammt aus der Zeit zwischen dem ersten Jahrzehnt v. Chr. und dem ersten n. Chr., also der augusteischen Kaiserzeit. Er war durch zwei seitlich angebrachte Wangenklappen geprägt (Bild 4), von welchen am Fundort jede Spur fehlt. Der einst auf dem Helm angebrachte Federbusch ist nicht mehr erhalten. Die entsprechende Vorrichtung hierfür ist aber weiterhin zu sehen (Bild 5). Die Innenpolsterung ist auch nicht mehr vorhanden.
Der Helm gehört zum Typ Weisenau und datiert in die augusteische Zeit (30 v. Chr. – 14. n. Chr.). Kaum eine andere römische Helmart ist bekannter. Sie prägt bis heute die Vorstellung eines römischen Helms.
Es gibt unterschiedliche römische Helmtypen, welche dem Typ Weisenau vorausgingen, beispielsweise der Typ Mannheim, welcher im Gallischen Krieg (58–51/50 v. Chr.) zum Einsatz kam. Der Typ Buggenum ist in den römischen Bürgerkriegen (133–30 v. Chr.), die zur Entstehung des Kaiserreichs führen, prägend.

Bild 5: Die Halterung für den Federbusch © LWL-Museum für Archäologie Herne/ C. Moors

Sensationsfundort Dorsten-Holsterhausen

Gefunden wurde der Helm bei archäologischen Ausgrabungen von 1999 bis 2006. Diese erfolgten vor Baumaßnahmen in Dorsten-Holsterhausen nördlich der Lippe (Kreis Recklinghausen). Heute ist das Gelände im Bereich der Lippeterrasse eben. Die gesamte freigelegte Fläche dort beträgt 16 ha (Bild 6)!

Bild 6: Die Grabungsfläche in Dorsten-Holsterhausen © Altertumskommission für Westfalen/ U. Lehmann
Bild 7: Dunkle Verfärbungen als Indikator römischer Marschlager © LWL-Archäologie für Westfalen

In Dorsten-Holsterhausen wurden in augusteischer Zeit mindestens zehn römische Marschlager errichtet. Eine beziehungsweise zwei römische Legionen, also zwischen 5000 und 6000 Mann pro Legion, konnten hier gleichzeitig untergebracht werden. Zusätzlich gab es genügend Platz für Hilfstruppen. Die Marschlager sind durch dunkle Verfärbungen nachweisbar (Bild 7). Es ist durch diese unter anderem zu schließen, dass teilweise mehrere Feldbacköfen der Militärstützpunkte sich mit der Zeit gegenseitig überlagerten. Diese Überlagerungen zeigen das Vorhandensein mehrerer nacheinander errichteter Lager an.
 

Was gab es auf dem Grabungsgelände noch?

Zusätzlich zu den Marschlagern wurden in Dorsten-Holsterhausen große Teile einer römischen und völkerwanderungszeitlichen Siedlung entdeckt. Diese war von der Mitte des 1. bis ins 10. Jahrhundert n. Chr. in unterschiedlichen Zeitabschnitten besiedelt. Aus der Unterschiedlichkeit von Formen der Amphorenfragmente folgerte Archäologe Wolfgang Ebel-Zepezauer (Universität Bochum), dass Güter aus dem gesamten römischen Reich nach Dorsten-Holsterhausen importiert wurden. Als Beispiele sind Olivenöl aus Spanien und Wein aus Südgallien zu nennen.

Über 300 eiserne Schuhnägel und einige Trachtbestandteile der römischen Legionäre zur Zeit des Kaisers Augustus wurden in diesen Marschlagern gefunden. Unter den Funden sind Fibeln aus Bronze und Eisen ebenso wie ein Gürtelhaken in Form eines speziell dargestellten Stierkopfes aus Bronze. Mehrere Pfeilspitzen aus Eisen wurden auch entdeckt. Dreiflügelige Exemplare des Typs Zanier 1a lassen die Anwesenheit von Hilfstruppen in Dorsten-Holsterhausen vermuten.

Die Archäolog:innen fanden zudem 44 römische Münzen und sieben spätkeltische Kleinbronzen. Dass ungefähr die Hälfte der Münzen halbiert war, zeigt einen dadurch kleineren Wert der Geldstücke an. Dies geschah im Zusammenhang mit dem Kleingeldmangel im römischen Reich.

Die wenigen Fundstücke aus vorrömischer Zeit zeigen, dass Menschen dieses Gebiet seit dem Mesolithikum für mehrere kurze Zeiträume als Jagd- oder Weidegrund benutzten. Dies erfolgte trotz der eher ungünstigen Siedlungslage auf einer überschwemmungsgefährdeten Niederterrasse. Die einzigen Funde aus vorrömischer Zeit bestehen aus Steinartefakten und wenig Keramik.

Collin Elsner, studentischer Praktikant
 

 

Literaturverzeichnis

W. Ebel-Zepezauer, Holsterhausen, Stadt Dorsten, Kreis Recklinghausen, Römerlager in Westfalen 2, 2. Aufl. (Münster 2014).

W. Ebel-Zepezauer – Ch. Grünewald – P. Ilisch – J.-S. Kühlborn – B. Tremmel, Augusteische Marschlager und Siedlungen des 1. bis 9. Jahrhunderts in Dorsten-Holsterhausen. Die Ausgrabungen 1999–2002, Bodenaltertümer Westfalens 47 (Münster 2009).

W. Götz, Helme in Caesars Heer (Mainz 1990).

P. Ilisch – J. Markus, 300 Sandalennägel und eine merowingische Goldmünze aus Dorsten-Holsterhausen, Archäologie in Westfalen-Lippe 10, 2011, 90–93.

Ph. Matyszak, Legionär in der römischen Armee. Der ultimative Karriereführer (Darmstadt 2010).