Archäobotanische Untersuchungen zu Bergbaurevieren der Bronzezeit in den Ostalpen

05.12.2016

Annette im Bereich "Archäobotanik" im Forscherlabor (Foto: LWL/Marcus Coesfeld).

Methoden und Erkenntnisse zur Versorgung

Im Jahr 2013 war ich auf meiner ersten Ausgrabung. Auf dem Troiboden, bei Mitterberg in Österreich, lernte ich die Kunst des Schlämmens. Ein Jahr später entschied ich mich bei meiner Bachelor-Arbeit für eben dieses Thema: „Archäobotanische Untersuchungen zu Bergbaurevieren der Bronzezeit in den Ostalpen“.

Die Archäobotanik verbindet die Fachgebiete der Biologie mit den archäologischen Wissenschaften. Sie gibt uns Antworten auf Fragen zur Vegetationsgeschichte, Datierungen und zur Art der Nahrung, die Menschen früher zu sich nahmen.

Am Anfang jeder archäobotanischen Untersuchung steht das organische Material. Es handelt  sich dabei um pflanzliche Materialien. Hierbei wird zwischen Mikroresten, wie Pollen und Blütenstaub, und Makroresten, von Samen bis hin zu ganzen Bäumen, unterschieden.

Die pflanzlichen Reste erhalten sich in jedem Boden unterschiedlich gut. Bei den Untersuchungsplätzen Dürrnberg und Hallstatt beispielsweise finden wir hervorragende Erhaltungszustände. Das liegt am Salzgehalt der dortigen Böden. Salz hat konservierende Eigenschaften, da es dem Material Wasser entzieht und somit ein Verfaulen verhindert.

Kombinierte Schlämm/Flotationanlage vom Troiboden (Zeichnung von A. Babetzki).

Bei einer Schlämmung werden Bodenproben durch übereinander gesteckte Siebe mit unterschiedlichen Maschengrößen nach Korngrößen "gewaschen". So sortieren sich die botanischen Reste nach Größe. Hier kommen oft Reste von Früchten oder Nüssen zum Vorschein. Die kleineren Komponenten werden mit dieser Methode auch optimal für die Untersuchungen im Labor vorbereitet.

Die Flotation funktioniert durch das Gewicht des organischen Materials. Flotiert wird in einem großen Fass mit Wasser, in das die Bodenprobe gegeben wird. Das schwere mineralische Material setzt sich in einem Sieb im Fass ab, während das leichtere organische Material auf dem Wasser schwimmt und über einen Ausguss auf ein weiteres Sieb geschwemmt wird.

Die Analyse von Pollen nennt sich Palynologie. Aus Bodenproben werden Pollen ausgezählt. Die  Informationen der Blütenstaubkörner, also die ausgezählten Werte, werden zu Pollendiagrammen zusammengefasst.

Pollendiagramm im Forscherlabor (Foto: A. Babetzki).

An natürlichen Sedimenten zeigt uns die Pollenanalyse, wie sich die Vegetation entwickelt hat. Bohrungen und Analysen an anthropogenen Stätten geben hingegen Aufschluss über die Ernährung der dort lebenden Menschen und was angebaut wurde, also allen menschlichen Einflüssen auf die Umwelt. Die Pollenanalyse ist eine vielfältig anwendbare Methode zur Rekonstruktion von Klima, Vegetation, Besiedlung und anthropogenen Einflüssen. Viele Vegetationszusammensetzungen oder das Auftreten bestimmter Pollen sind bereits bestimmten Epochen zugeordnet und lassen sich dadurch leicht datieren.

Eine weitere Methode ist die Dendrochronologie. Dabei werden die Jahrringbreiten von Bäumen untersucht. Bäume entwickeln nach Umweltbedingungen, wie Klima, unterschiedlich breite Jahresringe. Durch systematisches Sammeln dieser Daten kann man Jahrringkalender erstellen. Die  Bestimmung durch Jahresringe hat den Vorteil, nicht nur das Fälljahr, sondern auch den Zeitraum innerhalb des Jahres, in dem der Baum gefällt wurde, bestimmen zu können.

Dendrochronologie im Forscherlabor (Foto: A. Babetzki).

Durch die Radiokarbon-Methode können Holz und alle anderen organischen Materialien  ebenfalls datiert werden. Die Dendrochronologie und die 14C-Datierung stehen im gegenseitigen Nutzen. Durch die Dendrodaten werden die 14C-Daten unterstützt.

14C entsteht in der Atmosphäre durch Reaktionen von Stickstoffatomen. Diese lagern sich  durch Photosynthese und Nahrungsaufnahme im Organismus an und zerfallen mit dem Tod des Organismus.

Die Radiometrische Datierung untersucht den Zerfall von radioaktiven Elementen in einer Substanz. Dabei wird gemessen, wie viel 14C noch im toten Organismus vorhanden ist. Da  die 14C-Konzentration in der Atmosphäre nicht immer gleich ist, gibt diese Methode kein genaues Alter an. Das bedeutet, die Daten sind unkalibriert. Für diese Kalibrierung von 14C-Daten werden sogenannte Kalibrierungskurven zu Rate gezogen. Dies sind Eichkurven, die anhand  von Dendrodaten erstellt werden. Die Hölzer können so jahrgenau datiert werden. Somit lassen sich die Daten des 14C-Zerfalls und der Dendrodaten miteinander abgleichen.

Modell in der Radiokarbon-Station im Forscherlabor (Foto: A. Babetzki).

Mehrere Universitäten aus Österreich, Deutschland und der Schweiz erforschen die Bergbaugeschichte mit ihren Auswirkungen auf die Umwelt und die Kultur in den Ostalpen. Zusammengefasst werden diese Forschungen im Projekt HiMAT (History of Mining Activities in the Tyrol and Adjacent Areas: Impact on Enviroment and Human Societies, der Universität Innsbruck).

Durch die erlangten Forschungsergebnisse dieses Projektes in der Archäobotanik lassen sich zahlreiche Aussagen treffen, beispielsweise über die Laufzeit der Bergbaureviere und der Belegung von Siedlungen und Gräberfelder.

Solche Gebiete sind: die bronzezeitliche Kupfermine Mitterberg, das eisenzeitliche Salzabbaugebiet Dürrnberg bei Hallein, das bronzezeitliche Besiedlungsgebiet von Hallstatt, die bronzezeitliche Siedlung bei Schwaz und das spätbronzezeitliche Abbaugebiet Silbertal im Montafon, um nur einige Beispiele zu nennen.

Annette forscht im Forscherlabor (Foto: LWL/Marcus Coesfeld).

Ein besonders wichtiges Untersuchungsobjekt sind die Exkremente der bronzezeitlichen Bergleute. In der Salzlagerstätte des Dürrnbergerreviers haben sich die Fäkalien bis heute erhalten. Durch deren Analyse konnten die Forscher rekonstruieren, was die dort lebenden Bewohner gegessen haben. Getreide wurde in den Exkrementen am häufigsten gefunden.

Aus diesen „Zutaten“ lässt sich ein bis heute bekannter Eintopf rekonstruieren, das Ritschert. Ebenso gehörten Fleisch und Beeren auf den Speiseplan der Bronzezeitler.

Da alle Exkremente  die  gleichen Bestandteile aufweisen, gab es wahrscheinlich keine unterschiedliche Ernährung unter den Bergleuten. Sie schienen einen gewissen Wohlstand zu besitzen, da Fleisch nicht selten gegessen wurde und demnach ein reichhaltiges Nahrungsangebot zur Verfügung  stand.

Auf ins Forscherlabor! (Foto: A. Babetzki).

Archäobotanische Untersuchungen sind eine wichtige Hilfsdisziplin der archäologischen Wissenschaften.

Mit der Verwendung von archäobotanischen Untersuchungen gelangen die Archäologen  zu  neuen Erkenntnissen über die Umwelt und deren anthropogenen Einflüssen zur Rekonstruktion der Vergangenheit. Diese sind lange nicht abgeschlossen und es wird weiter geforscht. Ohne die Naturwissenschaften würden viele der Funde und ihre Interpretation verloren gehen.

Für weiteres Interesse an der Archäobotanik bietet das Forscherlabor im LWL-Museum für Archäologie in Herne spannende Einblicke.

 

Annette Babetzki, ehemalige Praktikantin